Optimale aktive Fahreingriffe
für Sicherheits- und Komfortsysteme in Fahrzeugen
Moritz Werling
Ein hohes Potential, die Unfallzahlen zukünftig weiter zu reduzieren, wird der Unterstützung des Fahrers durch neue elektronische Zusatzeinrichtungen zugesprochen, den modernen Fahrerassistenzsystemen. So können bereits heute in Serie befindliche Notbremsassistenten überschlägig 28-prozentige Reduktion schwerer Unfälle mit Personenschaden vorweisen. Bei Lkw wird gar die Wirkung eines Spurhalteassistenten auf 49 Prozent weniger Unfälle durch Spurverlassen auf Autobahnen beziffert. Ungeachtet der Zahlen tritt beim emotionsgeprägten Autokauf allerdings häufig die Bequemlichkeit in den Vordergrund. Die seit einigen Jahren verfügbaren Komfortsysteme wie Einparkassistent und stop-and-go-fähiger Abstandsregeltempomat erfreuen sich immer größerer Beliebtheit und sind längst ein bedeutendes Differenzierungsmerkmal der Fahrzeughersteller geworden. Dabei subventioniert, als bemerkenswerter Nebeneffekt, die für die Komfortassistenzsysteme erforderliche Umfeldsensorik langfristig die Verkehrssicherheit. Schließlich können die bereits im Fahrzeug befindlichen Radare, Kameras und Laserscanner von den Sicherheitssystemen mit genutzt werden. In ähnlicher Weise leisten auch zukünftige Sicherheitssysteme wiederum ihren Beitrag zur Reduzierung des Fahrzeuggewichts und damit zu einer Effizienzsteigerung, wenn Unfallpräventionssysteme wie der aktive Fußgängerschutz derart verlässlich geworden sind, dass gewichtige passive Sicherheitsmaßnahmen ersetzt werden können. Das aus technischer Sicht hervorstechendste Merkmal der zuvor aufgeführten Sicherheits- und Komfortassistenzsysteme ist der aktive Fahreingriff. So wird beim Notbremsassistenten zur Beeinflussung der Fahrzeuglängsbewegung automatisch die Bremse betätigt, falls es aufgrund der Reaktionszeit des Fahrers für eine Warnung zu spät ist. Der Parkassistent wiederum steuert die elektromechanische Lenkung an und zirkelt damit selbständig in enge Parklücken. Noch sind die serienmäßigen Eingriffe entweder auf niedrige Geschwindigkeiten, geringe Intensitäten oder eine kurze Aktivierungsdauer beschränkt. Die nationalen und internationalen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten bei Fahrzeugherstellern und Automobilzulieferern zeugen allerdings vom Bestreben, langfristig über eine rein unterstützende Assistenzfunktion hinaus zu einer Teil-, Hoch- oder gar Vollautomatisierung zu gehen. Das erfordert allerdings die Aufhebung der zuvor aufgeführten Fahreingriffsbeschränkungen, sodass das volle Dynamikpotential des Fahrzeugs ausgeschöpft werden kann. Das Buch behandelt die Optimierung und Realisierung dieser aktiven Fahreingriffe sowie deren Zusammenspiel bei der Umsetzung von Sicherheits- und Komfortfunktionen unterschiedlicher Automatisierungsgrade. Im Fokus stehen hierbei ausgewählte mathematische Methoden und Verfahren aus dem Ingenieursbereich (Regelungstechnik) und der Informatik (Robotik), die eine hochgradige Relevanz für die behandelte Thematik aufweisen oder gar bereits erfolgreich in Serien- und Prototypensystemen zur Anwendung gekommen sind. Anhand ebendieser Anwendungen aber auch neuer Funktionen wird die methodische Umsetzung der Verfahren praktisch erläutert, wodurch parallel ein tiefer Einblick in die Herausforderungen aktueller Forschungssysteme gegeben wird.