Optimierung porciner Modelle für die ex vivo Lungenperfusion (EVLP)
Möglichkeiten der Organentnahme nach Herzstillstand ohne vorangegangene lungenprotektive Maßnahmen
Katharina Carolin Kalka
Ziel der vorliegenden Dissertation war die Optimierung porciner Forschungsmodelle für die ex vivo Lungenperfusion. Zu diesem Zweck wurden zwei Projekte durchgeführt. Zum einen sollte ein erfolgreich einsetzbares und standardisiertes alternatives Tiermodell, zur Nutzung von Schlachthoforganen für die Ex vivo Lungenperfusion (EVLP) Forschung etabliert werden, zum anderen ging es darum, im Bereich der Perfusatforschung, zur Etablierung einer neuartigen kostengünstigen alternativen Perfusionslösung beizutragen.
Die ex vivo Lungenperfusion ist ein klinisch anerkanntes System, das bereits vielerorts eingesetzt wird. Dennoch besteht aktuell keine einheitliche Übereinkunft über das optimale Verfahren zur Durchführung der EVLP, sodass vor allem im technischen Bereich ein großer Forschungsbedarf besteht.
In einer ersten Studie wurde zur Erweiterung des Angebots an alternativen Tiermodellen und somit zum Erreichen einer effektiven Reduzierung von Tierversuchen in der EVLP Forschung ein alternatives EVLP Modell, bei dem Schlachthoforgane genutzt werden, entwickelt und untersucht. Im Rahmen dieses Studienteils wurden 16 Schweine der Deutschen Landrasse verwendet, welche in zwei Gruppen aufgeteilt wurden. Die Schweine der Standardgruppe wurden analog zu vorangehenden EVLP Versuchen unter kontrollierten Bedingungen im zentralen Tierlabor euthanasiert und die Lungen anschließend im Rahmen einer
Organentnahme für den Versuch entnommen. Die zweite Gruppe, bestehend jeweils aus Geschwistertieren der Standardgruppe, wurde markiert und bis zur üblichen Schlachtreife gemästet. Anschließend wurden die Tiere regulär dem Schlachtprozess zugeführt und deren Lungen aus der Schlachtlinie entnommen. Die Lungen beider Gruppen wurden 4 Stunden in Perfadex® kaltgelagert und dann anschließend für bis zu 4 Stunden ex vivo evaluiert.
Die Gruppen zeigten keinen signifikanten Unterschied in der Oxygenierungskapazität. Die LDH Konzentration war in der Schlachthofgruppe signifikant höher. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass trotz einer enormen Gewebebelastung der Schlachthoflungen im Schlachtungsprozess, die Lungen dennoch für die ex vivo Lungenperfusion geeignet sind und keine signifikanten funktionellen Nachteile im Rahmen einer vierstündigen ex vivo Perfusion aufweisen. Somit kann durch die Nutzung von Schlachthoflungen, als Alternative zur Nutzung von Labortieren, die Tierzahl im Bereich der EVLP Forschung erfolgreich, im Sinne des 3R Konzepts, reduziert werden.
Anknüpfend an vorangegangene Untersuchungen zu alternativen Perfusionslösungen unserer Arbeitsgruppe (Olbertz et al., 2020) haben wir in einem zweiten Projekt die Perfusionslösung Custodiol-MP zur Anwendung in der EVLP getestet.
Custodiol-MP ist eine für die Maschinenperfusion optimierte Perfusionslösung, die auf der bereits erfolgreich zur Lungen- und Nierenkonservierung angewendeten Custodiol-N Lösung basiert (Minor et al., 2015; Olbertz et al., 2020).
Im Rahmen dieses Projekts wurden die Lungen von 16 Schweinen der Deutschen Landrasse in einer Organentnahme im Standardverfahren entnommen, für 4 Stunden in Perfadex Plus® Lösung kaltgelagert und anschließend, aufgeteilt in zwei Gruppen, für 4 Stunden im EVLP Modell hinsichtlich der Lungenfunktion und dem Auftreten von Zellschädigung evaluiert. Verglichen wurden hier die neue Perfusionslösung Custodiol-MP mit der Standard EVLP Lösung Steen SolutionTM. Die Ergebnisse zeigen einen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen im zeitlichen Verlauf der Oxygenierungskapazität. Außerdem waren alle Zellschädigungsparameter kontinuierlich niedriger in Custodiol-MP perfundierten Lungen, wobei die LDH- sowie Laktatkonzentration statistisch signifikant niedriger in Custodiol-MP perfundierten Lungen waren. Außerdem war der pulmonal vaskuläre Widerstand signifikant niedriger in der Custodiol-MP Gruppe.
Diese Ergebnisse zeigen, dass die Nutzung von Custodiol-MP als Perfusionslösung in einem 4-stündigen EVLP Modell durchführbar ist und keine signifikanten Nachteile im Vergleich zur Steen Solution™ hat. Die Nutzung von Custodiol-MP zeigte darüber hinaus signifikant bessere Ergebnisse im Bereich der Laktatproduktion, der LDH-Aktivität, dem pulmonalen Gefäßwiderstand, sowie der Oxygenierungskapazität.