Orlando di Lassos Messen in den Münchner Chorbüchern
Ordinariumsvertonung zwischen Tradition und Neuordnung
Esther Dubke
Als ästhetischer Neuerer in (fast) allen musikalischen Gattungen des 16. Jahrhunderts ist Orlando di Lasso nicht nur in der
Musikhistoriographie eine herausragende Rolle zugesichert. Schon zu Lebzeiten bewegte sich der Komponist in den höchsten Kreisen der kulturellen Öffentlichkeit, und unter seiner Kapellmeisterschaft entwickelte sich die Münchner Hofkapelle zum einem der wichtigsten Ensembles der europäischen Musiklandschaft. Darüber hinaus kam auch der Ordinariumsvertonung in der Frühen Neuzeit ein bedeutender Stellenwert zu.
Wenngleich die polyphone Messe an der Liturgie ausgerichtet war, blieb ihr Rang in der abendländischen Gattungshierarchie unangetastet. So überrascht es kaum, dass die kompositorische Auseinandersetzung mit dem Ordinarium Missae neben dem Magnificat den größten Raum in Lassos OEuvre einnimmt. Im Zentrum des Bandes steht die Aufarbeitung dieses exzeptionellen Repertoires auf der Grundlage unterschiedlichster historischer Quellen. Der methodische Zugriff reicht von der Untersuchung institutionsspezifischer Rahmenbedingungen über die Analyse gattungs- und liturgiegeschichtlicher Kontexte bis hin zur Einbettung in die zeitgenössischen musiktheoretischen und -ästhetischen Diskurse.