Personale Identität oder menschliche Persistenz?
Ein naturalistisches Kriterium
Cordula Brand
Im Laufe unseres Lebens erfahren wir unzählige körperliche und psychische Veränderungen. Trotzdem erleben wir uns meist als identisch mit uns selbst. Aber ist es gerechtfertigt, von dem Kindergartenkind und dem Rentner als ein und derselben Person zu sprechen? Diese Frage zielt auf den philosophischen Begriff ‚diachrone personale Identität‘. Personale Identität ist nicht nur ein Thema der analytischen Philosophie, sondern findet sich auch im Rahmen der anwendungsbezogenen Ethik sowie der Naturwissenschaften. Allerdings wird der Begriff oft ganz unterschiedlich verstanden. Um den interdisziplinären Dialog über die personale Identität zu optimieren, wird hier eine einheitliche begriffliche Grundlage entwickelt. Den Ausgangspunkt bildet eine umfassende Übersicht über die Theorielandschaft zur personalen Identität von John Locke bis heute, inklusive der eher seltener betrachteten Persistenztheorien. Ausgehend von den Problemen dieser Ansätze wird eine eigenständige Theorie entwickelt. Sie besteht aus zwei Bausteinen: dem naturalistischen Kriterium der menschlichen Persistenz sowie einem neuen Verständnis des Begriffs ‚personale Identität‘, das auf einem Vergleich moralischer Status aufbaut. Der therapeutische Einsatz neuronaler Implantate dient schließlich als Praxistest für die vorgestellte Theorie. Es zeigt sich, dass sie eine stringente Terminologie zur Verfügung stellt, die sowohl in der Theorie als auch in der Praxis erfolgreich zur Lösung von Problemen beiträgt.