Personelle Einkommensverteilung, privater Konsum und Wachstum
Luca Rebeggiani
Welche Rolle spielt die Nachfrageseite, insbesondere die Nachfragestruktur, für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung eines Landes? Wie wird diese Struktur von der personellen Einkommensverteilung beeinflusst? Die Arbeit versucht diesen doppelten Brückenschlag und fokussiert die Analyse auf vier Felder: Im ersten Teil wird eine empirische Bestandsaufnahme der bundesdeutschen sowie der internationalen Einkommensverteilung geliefert. Aus dieser geht zum einen hervor, dass die internationalen Erfahrungen sehr unterschiedlich sind, so dass mit allgemeinen Schlussfolgerungen vorsichtig umgegangen werden muss. Zum anderen kann für Deutschland resümiert werden, dass das Land eine der verteilungshomogensten Phasen durchlebt, aktuelle Tendenzen aber eine aufmerksame Beobachtung rechtfertigen. Im zweiten Hauptteil wird ein endogenes Wachstumsmodell aufgestellt mit unterschiedlich ausgestatteten Individuen und verschiedenen Gütern/ Sektoren. Es wird nachgewiesen, dass eine hohe Einkommensungleichheit eine schwache Nachfrage nach Gütern mittlerer Spezialisierung zur Folge hat, die wiederum niedrige Einkommen für die in diesem Sektor Beschäftigten (‚Mittelklasse‘) zur Folge hat. Über den Mechanismus der Vererbung und den aus dem Erbe finanzierten Bildungsinvestitionen hat dies zu Folge, dass breite Schichten vom ökonomischen Aufstieg ausgeschlossen sind und die gesamte Volkswirtschaft in einem suboptimalen Wachstumspfad verbleibt. Anschließend unternimmt die Arbeit einen Versuch zur empirischen Verifizierung dieser Aussagen. In einem ersten Schritt wird die bekannte Engel- Hypothese der Einkommensabhängigkeit der Nachfragestruktur überprüft. Die Auswertung von Daten aus den Einkommen- und Verbrauchstichproben ergibt einen klaren und robusten Zusammenhang. Schwieriger erweist sich die Ermittlung einer Beziehung zwischen Nachfragestruktur und Wachstum. Hier werden unterschiedliche Ansätze versucht (Input- Output-Analyse, multivariate Regression, vektorautoregressives Modell). Insgesamt liefert die Arbeit einen der ersten Ansätze zur Einbeziehung von Nachfragekomponenten in die langfristige Wachstumsanalyse. Ähnlich wie in den meisten endogenen Wachstumsmodellen geht auch aus dieser Arbeit hervor, dass eine zu starke Polarisierung schädlich für das Wachstum ist, wobei hier wie da die Zusammenhänge klarer auf der theoretischen Ebene sind als auf der empirischen.