Pflanzliche Bauornamente der Seldschuken in Kleinasien
Werner Brüggemann, Gerd Schneider
Dieser Band behandelt den Ornamentbestand der Seldschuken in Anatolien und in der nachfolgenden Emiratszeit, in der das seldschukische Formengut weiter verwendet wird. Die Blütezeit der Seldschukenherrschaft in Anatolien erstreckt sich vom Ende des 12. bis über die Mitte des 13. Jahrhunderts hinaus. Anders als Persien oder Mesopotamien ist das Gebiet der heutigen Türkei zu diese Zeit noch nicht von islamischer Tradition geprägt, so dass Anregungen aus armenischen und byzantinischem Formenschatz sowie aus früheren Kulturen bereitwillig aufgenommen werden.In der relativ kurzen Blütezeit der Seldschukenherrschaft werden außerordentlich viele Ornamentformen verwendet. Im Vergleich dazu hat die Ornamentik im vorislamischen Kleinasien eine untergeordnete Rolle gespielt, auch unter den nachfolgenden Osmanen tritt sie an den Bauten wieder stärker zurück.Ornamente sind für die Seldschuken in Anatolien wesentliche Ausdrucksmittel. Eine besondere Rolle kommt dabei dem konsequent angewendeten Rapport zu, der ins Unendliche fortsetzbaren Formenwiederholung. Dieses dem europäischen Empfinden fremde ornamentale Prinzip ist zwar nicht das einzige, aber das aussagekräftigste: Im Gegensatz zur abendländischen Auffassung werden Ornamente dieser Struktur im islamischen Orient nicht als in sich abgeschlossene Verzierung gesehen, sondern als zufälliger winziger Ausschnitt aus einem Ordnungsgefüge, dessen Vollendung nur im Unendlichen vorstellbar ist. So wird Ornamentik zum Spiegel der göttlichen Unendlichkeit. Auch die seldschukischen Entwerfer sind nicht müde geworden, den Gläubigen ihrer Zeit diesen Spiegel immer wieder vor Augen zu halten. Ihr Streben nach Darstellung göttlicher Harmonie hat zu einer schwer überschaubaren Fülle von Ausformungen geführt. Diesen Reichtum zu dokumentieren und zu ordnen, ihn verstehbar und erlebbar zu machen, ist das Ziel dieser Publikation.Zahlreichen Tafeln schlüsseln Ornamentformen auf. Exemplarisch zeichnen sie die Entwicklung von einfachen zu komplizierten Formen nach und verdeutlichen, wie die Konstruktionsprinzipien der Ornamente aus ihren elementaren Formen erwachsen.