Phantásiens Wirklichkeit
Gedanken zur Aktualität von Endes "Unendlicher Geschichte"
Konrad Dietzfelbinger
Wir leben heute in einem Wirklichkeit gewordenen Phantásien. Das lässt sich aus Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ über Phantásien ablesen. Es ist ein Buch für „erwachsene Kinder“, die trotz ihrer Lebenserfahrung und fester Überzeugungen noch aufgeschlossen für sprechende Bilder sind – und diese verstehen und umsetzen.
Denn „Phantásien“ ist eine Welt der Symbole und Sinnbilder. Die Phantasie benützt Dinge und Vorgänge der „äußeren materiellen Welt“ als Sinnbilder, um Vorgänge, Erscheinungen und Imaginationen aus der „inneren geistig-seelischen Welt“ auszudrücken. Beide Welten beeinflussen einander: Die Beschaffenheit der „Äußeren Welt“ hat Einfluss auf die Ausbildung der Symbole und Sinnbilder, durch die sie selbst dargestellt wird. Umgekehrt ist der Mensch dazu fähig, durch diese Symbole die „Äußere Welt“ zu verändern. Doch die innere Welt der Phantasie hat größeren Einfluss auf das menschliche Leben als die „Äußere Welt“ der Materie. Sie bestimmt im Wesentlichen die Auffassung der Menschen von ihrer Gegenwart und Vergangenheit, vor allem ihre Erwartungen an die Zukunft, die ihrem Leben Ziel und Inhalt geben.
In diesem Sinn zeigt die „Unendliche Geschichte“ die realen Entwicklungsschritte eines Jungen und späteren Erwachsenen, eingekleidet in seine Phantasie-Vorstellungen, sowie politische Vorgänge in Phantásien, die heute zu beängstigender Realität geworden sind.
Gmork: „Nichts gibt größere Macht über die Menschen als die Lüge. Denn die Menschen, Söhnchen, leben von Vorstellungen. Und die kann man lenken.“
Atréju: „Ich will nicht daran teilhaben!“