Polizeiliche und (ordnungs-) behördliche Datenverarbeitung zwischen JI-RL und DS-GVO
Die nationalen Umsetzungsgesetze auf den tönernen Füßen deutschen Begriffsverständnisses
Wolfgang Ziebarth
Die europäische Datenschutzreform aus DS-GVO und JI-RL ist am 25. April 2023 sieben Jahre in Kraft und fünf Jahre wirksam. Während die DS-GVO unmit¬telbar gilt, aber Regelungsaufträge und Regelungsspielräume für die EWR-Mitgliedstaaten bietet, ist die JI-RL insgesamt in nationales Recht umzusetzen. Dieser Prozess dürfte im Wesentlichen abgeschlossen sein.
Schwierigkeiten bestehen unter anderem in der Abgrenzung der Anwendungsbereiche der beiden Rechtsakte. Polizeiliche Datenverarbeitung wird weitgehend von der JI-RL determiniert, während sich nichtpolizeiliche Datenverarbeitung weitgehend nach der DS-GVO zu richten hat.
Wo aber verläuft die Grenze genau? Für welche Verarbeitungen gilt die DS-GVO und für welche gelten die Gesetze, die die JI-RL umsetzen? Dies wird in beiden Rechtsakten spiegelbildlich geregelt. Dabei werden Begriffe verwendet, die uns in Deutschland vertraut vorkommen. Zum Beispiel „Straftaten“ oder „öffentliche Sicherheit“. Die Umsetzungsgesetze in Deutschland basieren auf der Annahme, dass Begriffe dasselbe bedeuten wie im deutschen Recht. Aber nichts spricht dafür, dass das so sein könnte. Schon in Österreich versteht man unter „öffent¬licher Sicherheit“ etwas Anderes als in Deutschland. Wenn aber die Begriffe, die der Abgrenzung von DS-GVO und JI-RL voneinander dienen, unklaren Inhalt haben, dann haben wir mit großer Wahrscheinlichkeit die europäische Daten¬schutzreform nicht korrekt umgesetzt.
Meint der unionsrechtliche Begriff „Straftaten“ auch deutsche Ordnungswidrig-keiten? Oder disziplinarrechtliche Dienstvergehen? Ist die Jugendgerichtshilfe nicht eine zuständige Behörde, die Daten zu Zwecken der Strafverfolgung und vollstreckung verarbeitet? Wehren Rettungsdienst, Feuerwehr und Katas-trophen¬schutz nicht auch Gefahren ab, die aus Straftaten resultieren?
Über diese im gesamten EWR relevanten Fragen hinaus werden die Umsetzungs¬schwierigkeiten am Beispiel des § 11 Polizeigesetz Baden-Württemberg erörtert – einer besonders misslungenen Vorschrift, die ihren Zweck verfehlt, die Weichen zwischen der Anwendbarkeit der DS-GVO und der zur Umsetzung der JI-RL ge¬schaffenen Gesetze zu stellen.