Populationsstruktur, antimikrobielle Resistenz und Fitness von Pseudomonas aeruginosa bei Men-schen und Tieren von Franziska,  Dambon

Populationsstruktur, antimikrobielle Resistenz und Fitness von Pseudomonas aeruginosa bei Men-schen und Tieren

Pseudomonas aeruginosa ist einer der wichtigsten Erreger von Krankenhaus-assoziierten Infektionen beim Menschen. Bei Kleintieren ruft P. aeruginosa vor allem Otitiden, Zystitiden und Wundinfektionen hervor. Humane P. aeruginosa-Isolate weisen eine schwach klonale Populationsstruktur auf. Aus infektionsmedizinischer Sicht gelten einzelne klonale Linien weltweit als besonders erfolgreich. Neben der Zugehörigkeit zu klonalen Linien liefert das Vorliegen bestimmter Virulenzdeterminanten, darunter die Zytotoxine ExoU, ExoS und ExlA sowie einzelner Serotypen Hinweise auf die klinische Prognose einer Erkrankung durch P. aeruginosa beim Menschen.
Über die Verbreitung von P. aeruginosa bei Tieren und deren mögliche Rolle als Infektions-quelle für den Menschen ist wenig bekannt. Auch zur aktuellen Resistenzlage bei P. aeruginosa-Isolaten von Tieren in Deutschland existieren kaum Daten. Um Erkenntnisse über die Populationsstruktur, das Vorkommen antimikrobieller Resistenzen, die Fähigkeit zur Biofilmbildung sowie über das Virulenzpotential von veterinärmedizinischen P. aeruginosa-Isolaten zu erhalten, wurden in der vorgelegten Arbeit 517 Isolate vom Tier geno- und phä-notypisch untersucht. Aufgrund des engen Zusammenlebens mit dem Menschen und einem klinischen Versorgungsumfeld, das Parallelen zur Humanmedizin aufweist, wurde der Hauptfokus der Probenauswahl auf Isolate von Hunden und Katzen gelegt (n = 399). Daneben wurden 57 Isolate von Nutztieren, sieben von Pferden und 24 Isolate von Reptilien, Exoten und Vögeln in die Stichprobe inkludiert. Entsprechend der größten klinischen Relevanz wurden bevorzugt P. aeruginosa-Isolate aus dem Ohr (n = 250), aus Wunden (n = 51) und aus Urin (n = 45) berücksichtigt. Die weiteren Isolationsorte verteilten sich wie folgt: sonstige Organe (n = 56), Respirationstrakt (n = 48), Haut (n = 11), klinische Umgebung (n = 11), Kot (n = 9) und sonstiges Probenmaterial (n = 36). Des Weiteren wurden 70 klinische P. aeruginosa-Isolate aus medizinischen mikrobiologischen Laboreinrichtungen der Humanmedizin zu Vergleichszwecken inkludiert, welche bereits nach MRGN-Status und Isolationsort (v. a. Wunde, Urin Respirationstrakt) vorselektiert waren.
Mittels Bouillon-Mikrodilution wurden Daten zur Minimalen Hemmkonzentration (MHK) von 19 antimikrobiellen Substanzen bei 281 P. aeruginosa-Isolaten vom Tier erhoben und ver-gleichend nach Grenzwerten der CLSI und von EUCAST ausgewertet. Verglichen mit öffent-lich verfügbaren Daten aus der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) des Robert Koch-Instituts aus über 50 Laboren in Deutschland zeigte sich unter den Tier-Isolaten bei nahezu allen getesteten Wirkstoffen eine entspanntere Resistenzsituation. Lediglich gegen Amino-glykoside wurden in der vorgelegten Studie höhere Resistenzraten ermittelt. So waren 8,7 % der Tier-Isolate resistent gegen Amikacin, wohingegen bei der ARS (2017) nur 2,9 % der P. aeruginosa-Isolate im stationären und ambulanten Versorgungsbereich eine Amikacinre-sistenz aufwiesen (EUCAST). Achtzehn der 281 Tier-Isolate (6,4 %) zeigten eine verminder-te Empfindlichkeit oder Resistenz gegen Imipenem (MHK > 2, CLSI), die in den meisten Fällen mit einer Mutation im Gen des OprD-Porins erklärt werden konnte. Weder mittels PCR noch Analyse der Ganzgenomsequenzen wurden Carbapenemasegene nachgewiesen. Alle acht Imipenem-resistenten (MHK ≥ 8 mg/l, CLSI) P. aeruginosa-Isolate vom Tier zeigten eine verringerte in vitro-Fitness in Kompetition mit den zwei zu Vergleichszwecken herangezogenen IMP-sensiblen Vergleichsstämmen PAO1 (Wunde, Mensch) und PA14 (Wunde, Mensch).
Insgesamt wiesen 8,5 % der veterinärmedizinischen Isolate einen 3MRGN- und 0,7 % einen 4MRGN-Status auf. Diese Isolate stammten alle von Kleintieren. Bei erneutem Vergleich mit Daten aus der Humanmedizin der ARS 2015 des RKI lag der Anteil der 3MRGN-Isolate beim Tier zwischen den Werten aus Ambulanz (3,2 %, n = 6748) und Intensivstation (13,4 %, n = 3145). 4MRGN Tier-Isolate wurden in der vorgelegten Arbeit deutlich seltener als in der Humanmedizin nachgewiesen (ambulant: 1,5 %; Intensivstation: 7,7 %).
Eine repräsentative Auswahl von 105 Isolaten (n = 76 Tier, n = 29 Mensch) wurde Gesamt-genom-sequenziert. Unter ihnen zeigte sich eine heterogene Populationsstruktur, wobei der Großteil der nachgewiesenen Multilokus-Sequenztypen bereits bei Isolaten, die mit humanen Infektionen assoziiert waren, gefunden wurde. Die 76 veterinärmedizinischen Isolate verteilten sich auf 62 bekannte und 11 bis dato unbekannte STs (ST3475 – ST3484, ST3502). Auch die 16 STs der 29 humanen Isolate dieser Studie wiesen Überschneidungen mit den veterinärmedizinischen Isolaten von Kleintieren auf. Am häufigsten wurde sowohl unter den 29 humanen als auch unter den 105 Tier-Isolaten der internationale Klon ST235 (n = 7, n = 4) gefunden. Die Tier-Isolate stammten von drei Hunden und einem Pferd. Daneben wurden bei den veterinärmedizinischen Isolaten zwei weitere Hochrisikoklone gefunden (ST395, ST244). Diese Isolate stammten von Hunden (n = 3; 2 x Wunde, BAL) und Katzen (n = 2; Urin). Ein Vergleich der konkatenierten MLST-Sequenzen der 105 Isolate brachte mehrere Subcluster hervor: Die größten zwei Gruppen bildeten Isolate, die die klassischen zytotoxischen Virulenzgene (exoU/exoS) trugen. Daneben bildeten drei Tier-Isolate ein weiteres Cluster. Diese ähnelten dem als “Ausreißerstamm“ publizierten Isolat PA7 (NC_009656.1) zwar durch das Fehlen eines Typ-III-Sekretionssystems (T3SS) und von exoU/exoS sowie dem Tragen des exlA-Gens (Zytotoxin), jedoch wiesen sie 156-160 SNPs Unterschied in ihren konkatenierten MLST-Sequenzen zu ihm auf. Daneben bildeten drei weitere Tier-Isolate, die ein T3SS, jedoch weder exoU/exoS noch exlA trugen, ein eigenständiges Subcluster.
Unter den Tier-Isolaten wurden ebenso wie unter den humanen Isolaten am häufigsten die Serotypen O6 (28,9 %) und O11 (18,4 %) nachgewiesen. Stämme dieser Serotypen werden in der Humanmedizin vermehrt als Verursacher von nosokomialen Pneumonien beschrieben. Bei dem Vergleich von Serotyp und Hauptvirulenzgen fiel auf, dass der Großteil des Serotyps O11 (83,3 % = Tier vs. 90 % = Mensch) das exoU-Gen trug, wohingegen Isolate des Serotyps O6 zu 92,6 % (Tier) bzw. 100 % (Mensch) exoS+ waren.
Unter 22 getesteten P. aeruginosa-Isolaten zeigten sowohl die sechs humanen als auch die 16 veterinärmedizinischen Isolate im Mangelmedium eine stärkere Biofilmbildung. Unter-schiede in der Stärke der Biofilmproduktion zwischen humanen und Tier-Isolaten sowie Iso-laten unterschiedlicher STs konnten nicht festgestellt werden. Jedoch produzierten die 3/4MRGN-Isolate im Kristallviolett-Mikrotiterplattenversuch-Versuch und die exoS+-Isolate (vs. exoU/exlA) im Silikonfolienversuch mehr Biofilm. Diese Kombination verdeutlicht die Notwendigkeit adäquater Therapieoptionen, da die Biofilmbildung den wichtigsten Faktor chronischer Infektionen darstellt.
Bei der Untersuchung der schwimmenden Fortbewegung zeigten die 93 getesteten P. aeruginosa-Isolate (n = 68 Tier; n = 25 Mensch) eine gesteigerte Motilität bei 37°C gegenüber 28 °C und 3/4MRGN-Isolate eine verminderte Motilität gegenüber nicht-MRGN-Isolaten. Der Zusatz einer subinhibitorischen Konzentration der Antibiotika Ciprofloxacin, Meropenem oder Amikacin führte zu einer verminderten Motilität. Dies könnte eine Verringerung der Pathogenität von P. aeruginosa bedingen und insbesondere bei Pneumonien die Kombinationstherapie aus β-Laktamantibiotikum und Amikacin/Tobramycin erweitern.
Im Galleria mellonella-Infektionsmodell zeigten die acht Kleintierisolate ohne exoU/exoS eine signifikant geringere in vivo-Virulenz gegenüber Isolaten mit einem der Virulenzgene. Zwi-schen MRGN- und nicht-MRGN-Isolaten konnte in diesem Modell kein Unterschied nachge-wiesen werden.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die P. aeruginosa-Population bei Isolaten vom Tier, und hier insbesondere Isolate vom Kleintier, große Überschneidungen mit humanen Isolaten aufweist. Bis auf eine Ausnahme stammten alle Hochrisiko-Klone und alle 3/4MRGN-Isolate von Kleintieren. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Aufnahme von Kleintieren in ent-sprechende Monitoringprogramme. Insbesondere das Ausmaß und die Richtung der mögli-chen Übertragung zwischen Mensch und Tier bedarf vor dem Hintergrund des „One-Health“-Gedankens weiterer Untersuchungen. Die Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen bestimmten Virulenzgenen bzw. der Multiresistenz und Fähigkeit zur Biofilmproduktion könnten in weiterführenden Explantat-Versuchen in annähernder in vivo-Situation überprüft werden. Auch die verminderte Motilität bzw. Virulenz unter Zusatz einer subinhibitorischen Antibiotikamenge bietet einen Ansatz für weitere in vivo Untersuchungen.

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