Porno–Theo–Kolossal
Pasolinis letztes Filmprojekt
Pier Paolo Pasolini, Dagmar Reichardt, Reinhold Zwick
Nur fünf Wochen vor seinem Tod stellte Pier Paolo Pasolini die letzte Fassung des Treatments zu seinem Filmprojekt „Porno–Theo–Kolossal“ fertig, dessen Anfänge bis Mitte der 1960er Jahre zurückreichen. Es sollte sein letzter Film werden, nach dem er sich ganz dem Schreiben widmen wollte. Sein gewaltsamer Tod in der Nacht auf den 2. November 1975 durchkreuzte alles. – Das provisorisch gebliebene Drehbuch erschien posthum, erst knapp fünfzehn Jahre nach Pasolini Tod. Es wird hier erstmals in deutscher Übersetzung mit ausführlichem Kommentar und begleitenden Texten vorgelegt.
Hinter dem provozierenden Titel verbirgt sich ein Roadmovie, in dem ein alter Gelehrter aus Neapel (designierter Hauptdarsteller: Eduardo De Filippo) den Stern des neu- oder wiedergeborenen Messias aufgehen sieht. Zusammen mit seinem kauzigen Diener (Ninetto Davoli) folgt er ihm – wie die Weisen aus dem Orient in der Kindheitsgeschichte des Matthäusevangeliums. Seine transkulturelle Reise führt Pasolinis „Magierkönig“ durch verschiedene teils mythische, teils reale Städte. Der Weg führt von Neapel nach Sodom (Rom), Gomorra (Mailand) und Numantia (Paris) und endet am Rande der archaischen Stadt Ur im Zweistromland von Euphrat und Tigris. Im Zuge dieser Reise versammelt und bearbeitet Pasolini alle seine großen Lebensthemen und seine Kultur-, Gesellschafts- und Ideologiekritik. In ihrem thematischen Reichtum und der angedachten Vielgestaltigkeit der Inszenierung – im weiten Bogen von Komödie bis Apokalyptik – ist bereits die literarische Fassung des „Porno–Theo–Kolossal“-Projekts aus heutiger Sicht ein Schlüsselwerk für Pasolini: Es sollte die „Summe“ und der Schlussstein seines Filmschaffens werden.