Primäre und sekundäre immunbedingte Thrombozytopenien beim Hund – ein retrospektiver Vergleich von Lehmann,  Anna

Primäre und sekundäre immunbedingte Thrombozytopenien beim Hund – ein retrospektiver Vergleich

Ziel dieser retrospektiven Arbeit war es, erstmals Daten von Hunden mit primärer oder sekundärer immunbedingter Thrombozytopenie, die im gleichen Zeitraum (2010 – 2015) vorgestellt wurden und vorwiegend aus dem hessischen Einzugsgebiet stammen, auf anamnestische, klinische und labordiagnostische Unterschiede zu untersuchen. Des Weiteren wurden Einflüsse unterschiedlicher Behandlungsprotokolle sowie das Langzeitüberleben der Patienten verglichen.
Insgesamt 128 Hunde (67 mit pIMT und 61 mit sIMT) erfüllten die Einschlusskriterien der Studie (vollständige Krankenakte, Thrombozytenzahl < 150 x 109/l). Als Ursachen der sIMT wurden in 55% der Fälle (n=34) eine infektiöse, in 38% (n=23) eine Neoplasie und in 7% eine entzündlich-nicht infektiöse (n=3) oder metabolische Erkrankung (n=1) diagnostiziert. In der pIMT-Gruppe waren weibliche Hunde geringgradig (pIMT 42/67; sIMT 25/61) besonders häufig. In der Geschlechtsverteilung ergaben sich keine signifikanten Unterschiede – weder zwischen noch innerhalb der beiden Erkrankungsgruppen. Insgesamt waren 49 Rassen bzw. Rassegruppen betroffen. Sowohl in der Gruppe der pIMT als auch in der Gruppe der sIMT waren große Rassehunde und Mischlinge mit einem Gewicht von 20-30 kg überrepräsentiert. Als Vorstellungsgrund wurde Meläna signifikant häufiger in der pIMT-Gruppe angegeben. Dagegen wurden in der Gruppe der sIMT unspezifische Vorstellungsgründe wie Gewichtsverlust, Polyurie/Polydypsie und Erbrechen signifikant häufiger durch die Besitzer genannt. In der klinischen Untersuchung zeigten Hunde mit pIMT (53/67) signifikant häufiger Blutungsanzeichen, wie Petechien, Ekchymosen und Meläna, als die Patienten mit sIMT (9/61). Die Auswertung der labordiagnostischen Parameter ergab signifikant stärker ausgeprägte Thrombozytopenie mit einem Medianwert bzw. (1./3.Quartil) von 12,0 (2,0/44,0) x 109/l bei pIMT im Vergleich zu 39,0 (10,5/80,0) x 109/l bei sIMT. Zudem zeigten Hunde mit pIMT signifikant stärkere Leukozytose, Neutrophilie und Retikulozytose als Patienten mit sIMT. Dies könnte durch eine starke Knochenmarkstimulation bei Hunden mit zusätzlich bestehender, immun-bedingter hämolytischer Anämie (pIMT: 16/67; sIMT: 7/61) erklärbar sein. Die Hunde mit sIMT zeigten im Vergleich zu pIMT-Hunden signifikant stärkere Entzün-dungsreaktionen in Form einer Hypoalbuminämie von 25,9 (19,5/28,6) g/l versus 27,7 (23,8/30,9) g /l und Hyperglobulinämie mit 35,5 (30,2/45,8) g/l versus 32,2 (26,0/36,9) g/l. Das C-reaktive Protein war in der Gruppe der sIMT mit 38,5 (16,9/102,6) mg/l zwar nicht statistisch signifikant höher als bei pIMT mit 16,5 (5,0/47,0) mg/l, was der weiten Streuung der Werte geschuldet sein mag. Eine mögliche Erklärung hierfür besteht in der erhöhten antigenen Stimulation infolge einiger Grunderkrankungen. Obwohl dies aufgrund der Anwendung von 4 verschiedenen Therapieprotokollen und damit Bildung von vier Gruppen mit Patientenanzahlen von 13 bis 20 nicht statistisch ausgewertet werden konnte, lebten Hunde mit pIMT unter alleiniger Glucocorticoid-Therapie (n=13) mit 587 (3 - 1809) Tagen länger als Hunde unter Kombinationstherapie (n=17) mit 125 (4 - 1468) Tagen. Dieses liegt wahrscheinlich daran, dass eine Kombinationstherapie bei schwereren Fällen eingesetzt wurde. Die Thrombozytopenie als alleinige Todesursache (Euthanasie oder Versterben aufgrund einer Blutungskomplikation) wurde bei 21% der Hunde mit pIMT und bei 13% der Hunde mit sIMT beobachtet. Obgleich Hunde mit pIMT mit 363 (47/960) Tagen länger zu überleben schienen als die Patienten mit sIMT mit 210 (12/681) Tagen, ergab sich statistisch hinsichtlich des Langzeitüberlebens kein Unterschied. Dies mag mit der doch relativ geringen Anzahl an toten Hunden am Ende der Studie pro Gruppe (pIMT: 32 versus sIMT: 31) zusammenhängen, die für diese Auswertung verfügbar waren. Gleichwohl wurde die initiale Hypothese, dass die kausale Behandlung einer zugrunde liegenden Ursache einer sIMT von Vorteil sein könnte, widerlegt. Die tendenziell sogar kürzere Überlebensdauer der sIMT Gruppe lässt sich durch die hohe Anzahl von Hunden mit neoplastischen Erkrankungen erklären. Zusammengefasst konnten viele bereits beschriebene Beobachtungen zur pIMT des Hundes durch die eigenen Ergebnisse bestätigt werden. Zusätzlich wurde festgestellt, dass Hunde mit sIMT deutlich mehr unspezifische Symptome zeigen und labordiagnostisch mit einer stärker ausgeprägten Inflammation reagieren.

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