Prozessintensivierung durch millistrukturierte Wärmeübertrager-Reaktoren für energieeffiziente chemische Synthesen
Sebastian Schwolow
Der Einsatz von millistrukturierten Reaktoren bei Produktionsprozessen in der Pharma- und Feinchemikalienindustrie birgt hohes Potential für die Prozessintensivierung. Durch den intensivierten Wärmeübergang eröffnen sich insbesondere bei exothermen Syntheseschritten neue Prozessfenster, die eine höhere Produktivität, reduzierten Lösungsmittelabfall und eine höhere Energieeffizienz ermöglichen.
Die Prozessentwicklung energieeffizienter kontinuierlicher Verfahren wird anhand von zwei exothermen Beispielreaktionen durchgeführt und beginnt mit der Reaktionsuntersuchung im Kapillar-Mikroreaktor. Für die Synthese von 3-Piperidino-propionsäureethylester kann daraus ein kinetisches Modell der zugrunde liegenden Michael-Addition abgeleitet werden. Versuche zur Synthese der ionischen Flüssigkeit 1-Butyl-3-Methylimidazolium Bromid [BMIM]Br tragen zu einem verbesserten Modell der lösungsmittelfreien Reaktionsführung mit zwei nicht mischbaren Flüssigphasen bei.
Die Vorgehensweise bei der anschließenden Maßstabsübertragung in millistrukturierte Wärmeübertrager-Reaktoren folgt einem methodischen Ansatz. Abweichungen vom idealen Plug-Flow-Verhalten des Reaktors werden dabei durch experimentelle Charakterisierung der Verweilzeitverteilung und Mischeffizienz bestimmt und durch Wahl der Kanalstrukturen im Reaktor gezielt verringert. Auf Grundlage der Reaktormodelle und charakteristischer Kennzahlen werden Skalierungseffekte im Hinblick auf das Zusammenspiel von Reaktion und Wärmetransport berechnet und diskutiert. Validierungsversuche in einem kommerziell verfügbaren Produktionsreaktor sowie in eigenen reaktionsspezifisch angepassten millistrukturierten Plattenreaktoren bestätigen die Simulationsergebnisse. Die lösungsmittelfreie Hochtemperatur-Synthese von [BMIM]Br kann durch die Auslegung eines Multi-Injektions-Reaktors realisiert werden, dessen schrittweise ansteigende Kanalabmessungen sich unmittelbar an der Berechnung der lokalen Wärmefreisetzung im Reaktor orientieren.
Die Energieeffizienz des Gesamtverfahrens einschließlich Produktaufarbeitung wird am Beispiel der Michael-Addition über eine Prozesssimulation optimiert. Auf Basis der etablierten Methode einer Pinch-Analyse wird ein Prozessentwurf mit Wärmeintegration und Rückführung nicht umgesetzter Ausgangsstoffe entwickelt. Versuche im Labormaßstab demonstrieren die praktische Umsetzung der Wärmeintegration bei der Kleinmengenproduktion mit millistrukturierten Wärmeübertrager-Reaktoren.