Rechnungswesenunterricht
Grundvorstellungen und ihre Diagnose
Florian Berding
Das betriebliche Rechnungswesen zählt zu den traditionellen Inhalten kaufmännischer Bildung und nimmt auch heute noch in den Curricula der 55 kaufmännischen Ausbildungsberufe eine zentrale Position ein. Trotz seiner herausragenden Bedeutung für das wirtschaftliche Verständnis unternehmerischer Prozesse berichten Studien immer wieder von Lernschwierigkeiten, einem hohen Abstraktionsgrad der Inhalte und fehlenden Bezügen zur Lebenswirklichkeit der Lernenden. Diese Faktoren erschweren es, die Handhabung des Werkzeuges „Rechnungswesen“ zu erlernen, um mit ihm komplexe wirtschaftliche Problemstellungen zu bewältigen. Um hierzu einen Lösungsbeitrag zu erarbeiten, wird in der Habilitationsschrift ein Modell der Grundvorstellungen für den Rechnungswesenunterricht auf der Grundlage von Arbeiten zur Didaktik der Mathematik und der Naturwissenschaften entwickelt. Grundvorstellungen bilden ein Scharnier zwischen dem formalen System des Rechnungswesens einerseits und realen ökonomischen Phänomenen andererseits. Sie beschreiben das inhaltliche Verständnis von abstrakten Begriffen und versetzen Kaufleute in die Lage, reale Phänomene mit dem Rechnungswesen zu modellieren. Für Lehrkräfte bietet das Modell der Grundvorstellungen die Möglichkeit, den Unterricht auf die Vorstellungen der Lernenden abzustimmen und sie beim Erwerb tragfähiger Vorstellungen zu unterstützen. Konkret geht die Habilitationsschrift den folgenden Fragestellungen nach: 1. Welche Grundvorstellungen über zentrale Begriffe und Zusammenhänge des Rechnungswesens besitzen kaufmännische Lernende? 2. Welchen Einfluss haben diese Grundvorstellungen auf Lernprozesse und Lernerfolge? 3. Wie können Aufgaben gestaltet sein, damit sie potentiell zur Erfassung von Grundvorstellungen im Rechnungswesen dienen? 4. Welche Formen der Diagnoseaufgaben eignen sich zur Generierung von unterrichtsrelevanten Informationen? Auf der Grundlage einer Stichprobe von 275 kaufmännischen Auszubildenden und Studierenden der Wirtschaftswissenschaften ermittelt die Studie insgesamt zehn Grundvorstellungen zum Begriff „Aufwand“ und acht Grundvorstellungen zum Begriff „Ertrag“. Die Studie zeigt, dass diese Vorstellungen mit den psychologischen Bedürfnissen und den selbstbestimmten Motivationsvarianten der Selbstbestimmungstheorie der Motivation zusammenhängen sowie die von Lernenden erzielten Noten wesentlich aufklären können. Darüber hinaus entwickelt die Studie zwei verschiedene Formate an Diagnoseaufgaben, die im Unterrichtsalltag eingesetzt werden können.