Religion bildet Werte
Joachim Kittel
Religion bildet Werte – Unter diesem Titel greifen wir in der vorliegenden Ausgabe unserer Zeitschrift I&M 1/2014 das auf, was der Religionsunterricht in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem ist: ein Wertefach. Doch diese Fokussierung auf ethisches Lernen wird im religionspädagogischen Diskurs durchaus kritisch gesehen. Denn das Spezifische des Religionsunterrichts besteht eben nicht vorrangig oder gar allein in der Einführung in eine Ethik christlicher Prägung. Sein Ziel ist vielmehr die Anbahnung religiöser Bildung, die über die Vermittlung gesellschaftlich relevanter Werte hinausreicht.
In neueren religionspädagogischen Veröffentlichungen wird dies am Begriff Wertebildung sichtbar, der sich gegenüber dem der Werteerziehung bzw. dem damit eng verbundenen Begriff der Wertevermittlung weitgehend durchgesetzt hat. Wertebildung meint, dass Werte nicht durch die bejahende Annahme konventioneller Regeln gebildet werden, sondern dass das lernende Subjekt in einem Prozess der Selbstbildung von diesen Werten „ergriffen“ (Hans Joas) wird.
Wertebildung stellt hohe Ansprüche – an Lehren- de und Lernende gleichermaßen. Das Titelbild Sprachgitter von Heidelore Goldammer, mit dem sich Maria Jakobs auseinandersetzt und zu dem sie einige Anregungen zum Verstehen anbietet, verweist darauf.
Sich mit dieser Herausforderung selbst und im eigenen Unterricht auseinanderzusetzen, dazu wollen die einzelnen Beiträge im Informations- und Materialteil anregen: Axel Mehlmann, Leiter der Abteilung Schulen und Hochschulen im Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg, schärft in seinem Beitrag den Blick für diese Dimension des Religionsunterrichts. Elisabeth Naurath verdeutlicht, wie wichtig die Erfahrung von Wertschätzung für den Prozess der Wertebildung ist. Eberhard Bons beleuchtet die bedeutsame Rolle des Vorbildes für die Wertevermittlung im antiken Judentum und der Beitrag von Herbert Rommel steht im Zeichen des Dialogs über Wert und Würde des Menschen in den abrahamitischen Religionen. Heike Helmchen-Menke skizziert im Blick auf den Religionsunterricht an Grundschulen die Grund- lagen der Wertebildung in Kindertagesstätten. Damit erweitern wir in dieser und in den künftigen Ausgaben den Informationsteil um die Perspekti- ve religiöser Bildung im Elementarbereich. Es folgen praxiserprobte Unterrichtsentwürfe zur Beispielgeschichte vom Barmherzigen Samariter von Josef Gottschlich für die Grundschule und von Brigitte Muth-Detscher für die Sonderschulen. Susanne Ensinger-Diehl und Annette Schmidgall stellen das didaktische Konzept der Georg-Kropp- Gemeinschaftsschule Wüstenrot vor und beleuch- ten an einem ausgewählten Unterrichtsbeispiel, wie Formen zieldifferenten individuellen Lernens in den Religionsunterricht integriert werden können, ohne die wesentliche Beziehungsdimension der Faches aufzugeben. Damit nehmen wir den dringenden Wunsch nach Orientierungshilfen für den Religionsunterricht an Gemeinschaftsschulen auf, der bei der Bildungsmesse didacta in Stuttgart vielfach an uns herangetragen wurde. Für den Bereich Sekundarstufe I planen wir daher auch für die kommenden Ausgaben jeweils die Vorstellung von bewährten Konzepten für den Religionsunterricht an Gemeinschaftsschulen.
Buchbesprechungen von Josef Gottschlich und Joachim Kittel, Medientipps von Josef Gottschlich und Linktipps von Andreas Liebl sowie die Vorstellung des Kunstpreises der Erzdiözese Freiburg durch Isabelle von Marschall runden das vorliegende Heft ab.