Religiöse Sinnstiftungsangebote für Mädchen und Frauen in der völkischen Jugendbewegung
Christiane Kliemannel
Im Mittelpunkt der vorliegenden Dissertation stehen vier bisher wenig oder gar nicht erforschte Bünde der deutschen Jugendbewegung aus der in ihrer Religiösität nationalistisch geprägten ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Die weiblichen Mitglieder dieser Bewegung begründeten ihre Ideen auf den Religionsentwürfen heute noch rezipierter völkischer Theoretiker und gaben sich Namen wie die ‚Deutsche Schwesterschaft‘ / der ‚Jungborn‘, die ‚Adler und Falken‘, ‚Nordungen‘ und ‚Deutschjugend e.V.‘
Die Mädchen und Frauen vertraten die Ansicht, dass Religion einer (in ihrem Falle der deutschen) Rasse angeboren und somit dieser innewohnend sei. Dabei hingen sie überwiegend einem germanisierten und vornehmlich antisemitischen Deutschchristentum an, während andere Mitglieder zeitgenössische Adaptionen der vorchristlichen Religion der Germanen entwickelten.
Rekonstruiert werden in der umfangreichen Forschung die Religionsentwürfe der einzelnen Jugendbünde hinsichtlich ihrer Identitäts- und Sinnstiftungsangebote, sowie deren erzieherische Vermittlung. In einem zweiten methodischen Schritt werden diese Ergebnisse mit persönlichen Texten der weiblichen Mitglieder verglichen. Dadurch entsteht ein detailliertes und zugleich differenziertes Bild von den Gedanken und der Gefühlswelt, sowie von den Handlungsstrukturen und – mustern jener völkisch-religiösen Jugendbünde.
Durch die Herausarbeitung neuer inhaltlicher Aspekte von völkischer Religion und Religiösität ermöglicht diese Untersuchung wiederum einen kritischen Blick auf zeitgenössische religiöse Bewegungen, welche völkisches bzw. rechtsextremes Gedankengut propagieren. Hierbei spielt besonders die eschatologisch orientierte Idee der Deutschen Wiedergeburt eine Rolle, da sie eine zentrale und verbindende Funktion in den Glaubensansichten der Jugendbünde und ihrer Mitglieder einnahm.