Sachschadenschätzung der Polizei bei unfallbeteiligten Fahrzeugen
Heinz Hautzinger, Dirk Heidemann, Brigitte Kraemer
Gegenstand der Untersuchungen sind die Abweichungen zwischen den Sachschäden von Unfallbeteiligten, die von der Polizei bei der Erstellung der Verkehrsunfallanzeige geschätzt werden und den tatsächlichen Schäden, die erst später aufgrund der Werkstattrechnung oder anhand des Zeitwertes des Fahrzeugs festgestellt werden können. Da nur die polizeilich geschätzten Sachschäden in die amtliche Unfallstatistik übernommen werden, besteht allseits ein erhebliches Interesse daran, etwaige Abweichungen zwischen polizeilich geschätzten und tatsächlichen Sachschäden in Gestalt eines „Anpassungsfaktors“ zu ermitteln.
Daher wurden auf Stichprobenbasis die erforderlichen Angaben von Unfallbeteiligten mit Sachschaden erhoben mit dem Ziel, nicht nur den erwähnten Anpassungsfaktor (der konkret als Quotient aus tatsächlichem und polizeilich geschätztem Schaden definiert wurde) zu schätzen, sondern auch ein Konfidenzintervall zu bestimmen, das diesen Faktor mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit von 95% überdeckt. Darüber hinaus sollte versucht werden, nicht nur einen „globalen“ Anpassungsfaktor zu ermitteln, sondern auch statistisch sinnvolle Untergliederungen vorzunehmen.
Aufgrund der Systematik der amtlichen Unfallstatistik mußten die Grundgesamtheit und die Stichprobenerhebung unterteilt werden in
beteiligte Kfz-Führer an Unfällen mit Schwerverletzten (Unfallkategorie 2), Unfällen mit Leichtverletzten (Unfallkategorie 3), schwerwiegenden Unfällen mit Sachschaden im engeren Sinn (Unfallkategorie 4) und sonstigen Sachschadensunfällen unter Alkoholeinwirkung (Unfallkategorie 6), sowie
beteiligte Kfz-Führer an übrigen Unfällen mit Sachschaden ohne Alkoholeinwirkung (Unfallkategorie 5).
In Erhebung I (Unfallkategorie 2,3,4 und 6) konnte retrospektiv, in Erhebung II+III (Unfallkategorie 5) mußte jedoch prospektiv erhoben werden. Die Stichproben wurden in einer geeigneten Schichtung gezogen.
In Erhebung I wurden insgesamt 2.552 Unfallbeteiligte angeschrieben, von denen 722 (28,3%) verwertbare Fragebögen zurückschickten. Angaben zu polizeilich geschätztem und tatsächlichem Sachschaden konnten von 626 Unfallbeteiligten dieser Kategorien (24,5%) gemacht werden. In Erhebung II+III wurden insgesamt 2.884 Unfallbeteiligte angeschrieben, von denen 887 (30,7%) verwertbare Fragebögen zurückschickten. Angaben zu polizeilich geschätztem und tatsächlichem Sachschaden konnten hier von 744 Unfallbeteiligten der Kategorie 5 (25,8%) gemacht werden. Non-response-Analysen ergaben, daß trotz der niedrigen, in dieser Höhe aber erwarteten, Antwortquote die Stichproben relativ gut an die betreffenden Grundgesamtheiten angepaßt waren.
Die Hochrechnung der Stichproben ergab schließlich einen globalen Anpassungsfaktor von 1,39, d.h. der erfragte tatsächliche Schaden überstieg den polizeilich geschätzten um 39%. Dieser Anpassungsfaktor ist mit einem 95%-Konfidenzintervall von ± 5,7% behaftet.
Der Anpassungsfaktor wurde auch in Untergliederung nach der Unfallkategorie (bei der Unfallkategorie 5 wurde zusätzlich noch nach Hauptverursachern und sonstigen Beteiligten unterschieden) und der Art der Schadensbehebung ermittelt. Diese Art der Untergliederung ergab sich aus der Bestimmung statistisch signifikanter Einflußgrößen auf den Anpassungsfaktor. Die Ergebnisse differierten in den einzelnen Untergliederungen z.T. deutlich.
Unfälle der Kategorie 5 werden in der amtlichen Unfallstatistik nur summarisch erfaßt, ohne daß dabei polizeiliche Schadensschätzungen vorgenommen werden. Daher interessiert auch der ansonsten unbekannte „Basiswert“ für den Anpassungsfaktor bei Kategorie-5-Unfällen, nämlich der mittlere polizeilich geschätzte Schaden pro Beteiligtem an diesen Unfällen. Er wurde aus der Stichprobe geschätzt zu 3.385,73 DM ± 10,8%.
Der Originalbericht enthält als Anhänge die Unterlagen für die Erhebungen I, II und III: Es sind dies die Anschreiben an Polizeibehörden und Unfallbeteiligte, Informationsblätter, Erfassungsbogen für die Unfälle der verschiedenen Unfallkategorien, zwei Fragebogen und der Codeplan Auswertungsdatei. Auf die Wiedergabe dieser Anhänge wurde in der vorliegenden Veröffentlichung verzichtet. Sie liegen bei der Bundesanstalt für Straßenwesen vor und sind dort einsehbar. Verweise auf die Anhänge im Berichtstext wurden beibehalten.