Schweigen ist meine Muttersprache
Griechenland – seine Dichter, seine Zeitgeschichte
Argyris Sfountouris
„Als Kunstwerk wäre dein Leben etwas Großartiges gewesen. Ein genialer Roman-Entwurf. Aber als Leben. Als Lebensvorschlag? Wer würde ihn je freiwillig annehmen wollen?“
Wenn Argyris Sfountouris sich diese Frage stellt, tut sich ein Abgrund auf, in dem ein schweres Lebensschicksal sichtbar wird. Er überlebte als Dreijähriger das Massaker im griechischen Distomo am 10. Juni 1944 und verlor dabei mehr als 30 Verwandte, darunter seine Eltern. Hunderte Dorfbewohner jeden Alters und Geschlechts wurden von deutschen Soldaten hingemetzelt.
Seither kämpft Argyris für eine wenigstens symbolische Wiedergutmachung und die Aufarbeitung deutscher Kriegsverbrechen in Griechenland. Durch seine Versöhnungsbemühungen und den Dokumentarfilm „Ein Lied für Argyris“ von Stefan Haupt ist er zu einer international bekannten Persönlichkeit geworden.
Er fragt sich: „Gibt es sie wirklich, diese verlorene Heimat, die nicht gelebte Kindheit, das sehnsüchtige Verlangen nach allem, das man aus deiner Biografie entwendet hatte? Ein Puzzle zu dem nicht alle Stücke geliefert wurden.“
Zur Spurensuche gehört die Auseinandersetzung mit der griechischen Literatur. Er übersetzte unter anderem Kazantzakis, Seferis, Kavafis, Ritsos, Vrettakos, die er z. T. persönlich kannte. In Zeitungsartikeln und zuletzt seiner Buchveröffentlichung „Trauer um Deutschland“ meldete er sich zur Geschichte, Politik und Kultur Griechenlands zu Wort. Ein wichtiges Kapitel gilt dabei der Zeit der Militärdiktatur.
Seine Bilanz: „Die wirkliche Überraschung war: die Gegenwärtigkeit des Vergangenen. Die Kraft, die Wachheit der Erinnerung. Die Heftigkeit der Bilder!“