„Sie nannten in Vieze“
Die poltische Verfolgung in einem Dorf der ehemaligen Ostzone nach 1945
Erika Güdler, Anneliese Löffler, Eike-Jürgen Tolzien
Politische Verfung in der Ostzone/DDR nach 1945. Zwischen 1945 und 1989 gerieten folgende Menschen aus dem Amtsbereich von Bad Wilsnack/Perleberg (Prignitz) zu Unrecht in der DDR in die politische Haft bzw. wurden politisch verfolgt. Christel Kühn, geb. Borchert, Friedrich Schulze, Heinrich Hamke, Herbert Propfe, Wilhelm Tolzien, Wilhelm Heller, Eike Tolzien, Walter Dommer, Gerhard Klose, Eckhard Dröge, Siegfried Kahlert, Klaus Bieck, Eckhard Wiesner, Wilhelm Schulenburg, Herbert Wurach, R. Hecht, Fred Riebecke, Hans Brühahn, Karl Heinz Körner, Günter Howe. (Eintrag unter Einhaltung des Namens- und Datenschutzes). Quelle: Archiv „Berliner Kreis“ ,Aufarbeitung’.
Somit auch die Familie Dröge aus dem großen Dorf „Groß Lüben“, nahe dem Kurstädtchen Bad Wilsnack. Dieses Dorf bettet sich in einer Länge von fast 1 Kilometer in die Landschaft ein. Ein Dorf mit vielen Bauernhöfen. Geprägt von der Landwirtschaft und der Viehzucht.
Fährt man von Bad Wilsnack in Richtung Groß Lüben befindet sich der Bauernhof der Familie Dröge/Röske links einfahrend auf der rechten Seite. Der Hof gehörte 1945 dem Großvater Otto Röske.
An dem Gehöft befindet sich ein Hinweisschild mit dem Schriftzug: Familienbesitz Dröge/Röske und dazu der Spruch „WAS DU ERERBT VON DEINEN ELTERN ERWIRB ES, UM ES ZU BESITZEN“.
Es geht also um die politische Verfolgung von Menschen in der Ostzone zwischen 1945 bis 1989. Es erfolgte die Zwangskollektivierung und die Bauern wurden ständig unter Druck gesetzt, ihre Bauernhöfe in die LPG einzubringen. Viele Bauern verließen deshalb die DDR und flüchteten in den Westen. Der Druck auf die Bauern wurde immer größer. Ihnen wurde ein Soll aufgedrängt. Den größten Teil der Erträge mussten sie an den Staat abführen und nur einen kleinen Teil ihres Ertrages durften sie frei verkaufen.
Das Soll für die Bauern wurde jährlich erhöht, egal ob Hochwasser oder Dürre, für kleinere Bauern bzw. Siedler war das Soll niedriger, so konnten sie evtl. etwas frei verkaufen. Großbauern konnten dies nie. Wir hatten durch die Herdbuchzucht auf Auktionen höhere Preise und damit sicherlich auch viele Neider.
Im Zuge dieser Maßnahmen geriet auch die Familie Dröge in die politische Verfolgung. Der Vater wurde immer wieder verhaftet. Ab 1953 gingen die meisten Bauern wegen der ständigen Schikanen durch die Politik der Ostzone in den Westen. Im Jahr 1956, am 31. Juli, also mitten in der Erntezeit, wurden der Vater und auch die Mutter von einer Stunde auf die andere verhaftet. In all den Jahre zuvor gab es viele Hausdurchsuchungen usw. Wie in jedem Dorf gibt es auch in Groß Lüben eine Gaststätte die nach Feierabend von den Einwohnern des Dorfes aufgesucht wird. So war das auch im Jahr des Prager Frühlings 1968. Zu den Gästen zählte auch „Vieze“, Und wie das dann so ist. Da sagt eines was, auch noch ein anderer und dann auch der „Vieze“ und sagt ganz laut und fest überzeugt, Amerikaner raus aus Vietnam und Russen raus aus Prag.
Das reichte aus! „Vieze“ wurde denunziert, was ersagte wurde gemeldet und an den Mann gebracht. Er erhielt Besuch von der Stasi. Er wurde festgenommen zur Klärung eines Sachverhaltes und kam in die U-Haftanstalt nach Perleberg in die Lindenstraße 12.
Güdler/Dröge/Tolzien/Löffler ISBN 978-3-949904-04-2
Berlin 2021 CD-ROM EVP: 19.90 EURO