Thrombelastographische Veränderungen inklusive Velocity Curve Variablen und Delta bei gesunden Pferden und Ponys nach Endotoxingabe
Agnes Christine Gläsel
In der vorliegenden Untersuchung konnten zwischen November 2016 bis Januar 2017 im Rahmen einer Kooperation mit dem Institut für Tierernährung, Ernährungsschäden und Diätetik der Universität Leipzig die thrombelastographischen Ergebnisse von gesunden Pferden (n = 15) und Ponys (n = 14) eingeschlossen werden (TVV 32/15 AZ-7221.3-1-018/15 und TVV 34/16 AZ-DD24-5131-353-36).
Die Thrombelastographie (TEG) kommt bei Equiden bisher selten zum Einsatz, weshalb Daten zur TEG, insbesondere zu deren neuen Variablen, noch weitgehend fehlen. Ziel der vorliegenden prospektiven Arbeit war daher, die Evaluation der TEG bei klinisch gesunden Equiden, mit besonderem Augenmerk auf die neuen TEG Variablen Split Point (SP) und Delta sowie Variablen der Velocity Curve. Letztere ist die erste Ableitung der TEG und ermöglicht die Beurteilung der Gerinnungskinetik. SP und Delta liefern zusätzliche Informationen zur initialen Phase des Gerinnungsprozesses.
Es wurde der Effekt einer sehr niedrigen Endotoxin-Gabe (10 ng/kg) auf das TEG evaluiert. Weiterhin wurden Wiederholbarkeit sowie die Korrelation der TEG Variablen mit Erythrozytenzahl, Thrombozytenzahl und Fibrinogenkonzentration untersucht. Zudem wurde überprüft, ob Pferde und Ponys Unterschiede in der TEG aufweisen. Sollte dies nicht der Fall sein, war zusätzlich die Berechnung orientierender Referenzwerte für die TEG Variablen geplant.
Die überwiegenden TEG Variablen zeigten mit Variationskoeffizienten (VK) < 15 % eine niedrige Impräzision. Jedoch wiesen die neuen Variablen SP und Maximale Rate der Fibrinolyse (MRL) und auch die klassische Variable LY30 hohe (27 - 34 %) und Delta sogar sehr hohe (117 %) VKs auf. Die diagnostische Aussagekraft dieser Variablen erscheint aufgrund deren schlechter Reproduzierbarkeit bei Pferden und Ponys fraglich.
In der Korrelationsanalyse zeigte sich eine signifikante, hohe negative Korrelation der Erythrozytenzahl mit MA, G, MRTG, TG und ACL (bei allen genannten Variablen P < 0,008, r = - 0,7) und eine signifikante, moderate bis hohe positive Korrelation der Thrombozytenzahl mit MA (r = 0,5), G (r = 0,5), TG (r = 0,6), und MRTG (r = 0,7) bei allen Variablen P < 0,03.
Pferde und Ponys wiesen in der Mehrzahl der untersuchten TEG Variablen der Thrombusbildung [K (P = 0,003), Alpha (P = 0,001), MA (P < 0,0001), G (P = 0,0003), Delta (P = 0,04), MRTG (P = 0,0006), TG (P = 0,0002)] und der Fibrinolyse [LY30 (P = 0,01), LY60 (P= 0,007), MRL (P = 0,0003), ACL (P = 0,003)] signifikante Unterschiede auf. Pferde wiesen dabei im TEG eine relative Hypokoagulabilität im Vergleich zu Ponys auf. Die Unterschiede waren dabei so ausgeprägt, dass sie die Berechnung separater Referenzintervalle für Pferde und Ponys erforderlich machten. Aufgrund der geringen Zahl an Pferden und Ponys war dies im Rahmen der Untersuchung jedoch nicht möglich.
Im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Korrelationsanalyse kann der überwiegenden Teil der Unterschiede zwischen Pferden und Ponys mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Unterschiede in Erythrozytenzahl und Thrombozytenzahl zurückgeführt werden.
Eine geringgradige Endotoxämie führte bei den untersuchten Tieren zu klinischen und labordiagnostischen Anzeichen einer systemischen Entzündungsreaktion. In der TEG waren nach Endotoxin-Gabe signifikante Veränderungen, sowohl bei den klassischen [R (P = 0,004); K (P = 0,01); Alpha (P = 0,03); MA (P = 0,005); G (P = 0,002)] als auch den neuen TEG Variablen [SP (P= 0,007); TMRTG (P = 0,002); TG (P = 0,002)] sichtbar. Eine Verkürzung von R, K, SP und TMRTG sowie eine Erhöhung von Alpha wiesen dabei auf eine Gerinnungsaktivierung hin.
Die resultierende Gerinnselfestigkeit und Thrombusmenge war dabei, gemessen an der Verminderung von MA, G und TG, jedoch reduziert.
Die eigene Untersuchung konnte damit erstmals zeigen, dass mit Hilfe der TEG Gerinnungsveränderungen schon bei geringgradigen systemischen Entzündungs-reaktionen nachweisbar sind.
Systemische Gerinnungsveränderungen sind bei Mensch und Pferd mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Zukünftige Studien sollten daher die diagnostische Aussagekraft der herkömmlichen und der neuen TEG Variablen, sowie deren Wiederholbarkeit bei klinisch kranken Pferden und Ponys mit systemischer Entzündungsreaktion überprüfen, wodurch schlussendlich die zielgerichtete Therapie von Gerinnungsstörungen ermöglicht werden soll.