Todesangst und posttraumatisches Selbst
Über Melancholie und intensives Lebensgefühl bei schwerer Krankheit
Peter Dott
Nur selten und zumeist plötzlich geschieht es, dass anstelle unseres abstrakten Wissens »Ich bin sterblich« das überwältigende Gefühl »Ich muss sterben« tritt. Mit großer Sensibilität und theoretisch versiertem Blick widmet sich Peter Dott dem Thema der Todesangst und schlägt einen Bogen von Freuds Beschäftigung mit dem Thema »Tod« hin zu modernen traumatheoretischen Überlegungen. Er versteht Todesangst primär als Angst vor dem Verlust des Ichs und geht davon aus, dass sie durch eine Stärkung des Ichs gemildert werden kann. Hierbei ergeben sich Anknüpfungspunkte zwischen der Theorie des Mentalisierens und der psychoanalytischen Familientherapie und Beziehungsanalyse.
Ergänzt werden diese Überlegungen durch Reflexionen und Fallvignetten zur Frage, wie sich die Arbeit als PsychotherapeutIn mit einer potenziell lebensgefährlichen Krankheit verändert, welche Schwierigkeiten auftreten und welche Chancen sich eröffnen. Wie Dott anhand persönlicher Erfahrungen aufzeigt, ist Todesangst nach schwerer Krankheit Ausdruck der Verarbeitung einer traumatischen Erfahrung. Die durch sie erzeugte Regression der Denk- und Erlebnisweisen konfrontiert den Menschen nicht nur mit Verlustängsten, sondern geht auch mit der Wieder- bzw. Neuentdeckung von Lebenswünschen einher: Melancholie und intensives Lebensgefühl sind dicht miteinander verwoben.