Träume aus dem Krieg
Hermann Schreiber, Emil Szittya
Emil Szittya, sensible Doppelbegabung für Literatur und Malerei, entschließt sich in den Wirren des Zweiten Weltkriegs, die Menschen, die ihm begegnen, nicht nur nach ihren Verhältnissen, sondern vor allem nach ihren Träumen zu befragen. Das für Frankreich seltsam ruhige erste Kriegsjahr, danach die deutsche Invasion mit den Fluchtbewegungen, die Tricks auf allen Straßen in den Süden und die Versuche, sich in andere Länder zu retten, das alles sind Verhältnisse, die in einem alten Land die angestammten Ordnungen aufgelöst haben, die Menschen zusammenbringen, die einander sonst nie kennengelernt hätten, Menschen, die mit dieser Veränderung ihrer Lebensbedingungen und Familienverhältnisse oft gar nicht mehr gerechnet hatten. Die auf diese Weise entstandene besondere Lage ist von den großen Schriftstellern der Emigration wiederholt geschildert worden. Aber Szittyas Aufzeichnungen der Träume, die diese Unglücklichen und Entwurzelten ihm erzählen, schaffen für die neue chaotische Wirklichkeit eine zweite Ebene; in den Träumen kommen das Entsetzen und die Ängste, der Haß und die Hoffnungen ungeschminkt und grell zum Vorschein, und es entsteht ein faszinierendes, wenn auch oft alphaft-erschreckendes neues Bild einer Zeit, die wir zu kennen meinten. Da Szittya aber auch die Menschen schildert, die ihm diese Träume erzählen, und die Verhältnisse charakterisiert, erhalten wir ein verblüffendes und zugleich instruktives Gesamtbild der Kriegsjahre und blicken tief hinein in die Seelen von deutschen und französischen Soldaten und Offizieren, von Flüchtlingen, ihren Frauen und Kindern, von Künstlern und Gleichgültigen. Ein originelles, aber ernsthaftes, ein unverwechselbares und notwendiges Buch, ein Stück Seelengeschichte des alten Europa in seiner schwersten Stunde.