ÜBERWACHUNG BOVINER NEONATEN MIT HILFE EINES AMBULANTEN EKGS
Julia Nowak
Die Elektrokardiographie von neonatalen Kälbern kam in der vorgelegten Studie bei Kälbern aus Eutokie und Dystokie sowie bei Kälbern mit neonataler Diarrhoe zum Einsatz.
Für die elektrokardiographischen Untersuchungen wurde das ambulante, telemetrisch arbeitende EKG-Gerät Televet 100 verwendet. Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit dem Programm BMDP/ Dynamic, Release 8.1.
Es zeigen sich am ersten Lebenstag signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen der Kälber aus Spontangeburten und denen aus Schwergeburten in den labordiagnostischen Untersuchungen bei Base excess, pH-Wert, Laktat-Wert und der Konzentration von ionisiertem Calcium im Blut. Diese lassen sich durch das neonatale Atemnotsyndrom und den Azidosezustand auf Grund der verzögerten Geburtssituationen der Kälber erklären. Bei der Korrelationsanalyse der Kälber aus Spontangeburten zeigten sich eine deutliche Korrelationen zwischen P-Wellen Dauer und pH-Wert, P-Wellen Dauer und Herzfrequenz, Körperinnentemperatur und Hämatokrit, Atemfrequenz und Blutglucose, Q-T-Intervall Dauer und Herzfrequenz, S-T-Strecken Dauer und Herzfrequenz, sowie bei T-Wellen Dauer und Körperinnentemperatur. Bei der Korrelationsanalyse der Kälber aus Schwergeburten zeigte sich ein Unterschied von p ≤ 0,05 zwischen pH-Wert und Atemfrequenz, Base excess und Atemfrequenz, Q-T-Intervall Dauer und Kaliumionenkonzentration, Q-T-Intervall Dauer und Laktatkonzentration, Herzfrequenz und Laktatkonzentration, Atemfrequenz und Laktatkonzentration, Herzfrequenz und Q-T-Intervall Dauer, Herzfrequenz und S-T-Strecken Dauer, sowie Atemfrequenz und Q-T-Intervall Dauer. Über den kompletten Untersuchungszeitraum zeigten die Kälber aus Schwergeburten eine signifikant höhere Herzfrequenz im Vergleich zu den Kälbern aus Spontangeburten. Die Ursache hierfür konnte nicht abschließend geklärt werden. Als Ergebnis der zweifaktoriellen Varianzanalyse der Verlaufsdaten ist zu erkennen, dass für alle erhobenen Parameter eine signifikante Veränderung über die Zeit vorliegt. Für die EKG-Parameter P-Wellen Dauer, QRS-Komplex Dauer, T-Wellen Dauer, P-Q-Intervall Dauer und Q-T-Intervall Dauer besteht ein Gruppeneffekt. Dieser ist möglicher Weise auf die unterschiedliche Rassezusammenstellung und nicht auf die unterschiedliche Geburtssituation in den Gruppen zurückzuführen, denn die Werte der EKG-Parameter P-Wellen Dauer, QRS-Komplex Dauer, T-Wellen Dauer, P-Q-Intervall Dauer zeigen in beiden Gruppen einen einheitlichen Verlauf über die Zeit. Nur die EKG-Parameter Q-T-Intervall und S-T-Strecken Dauer entwickeln sich in beiden Gruppen unterschiedlich über die Zeit und sind somit von der Geburtssituation abhängig.
Die Kälber mit neonataler Diarrhoe wiesen trotz sehr einheitlichem Krankheitsbild im initialen Elektrokardiogramm eine breite Bandbreite an Veränderungen auf. Diese reichten von unveränderten Elektrokardiogrammen bis hin zu Elektrokardiogrammen mit deutlichen Arrhythmien. Nach eingeleiteter Therapie zum Ausgleich des Säure-Basen- und Flüssigkeitshaushaltes zeigten alle Kälber spätestens am zweiten Tag der Therapie ein unauffälliges Elektrokardiogramm. Somit kann die eingeleitete Therapie der Kälber mit neonataler Diarrhoe auf elektrokardiographischer Ebene als wirkungsvoll bewertet werden. Über den Untersuchungszeitraum wurde für jeden elektrokardiographischen Messwert die Korrelation zu jedem labordiagnostischen Parameter und zu den Vitalparametern gesucht. Nur für Q-T-und S-T-Strecken Dauer zeigte sich eine deutliche Korrelation zur Herzfrequenz über sämtliche Untersuchungstage. Kein labordiagnostischer Parameter wies durchgängig über alle Untersuchungstage eine Korrelation zu einem EKG-Parameter auf. Es konnte abschließend nicht geklärt werden, welche labordiagnostische Veränderung zu welcher direkten elektrokardiographischen Auswirkung führt. Somit ist das Zusammenwirken der Entgleisungen des Säure-Basen-, Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes als Ursache der Elektrokardiogrammveränderungen eines Kalbes mit neonataler Diarrhoe anzusehen.