Um der Kälte zu entfliehen
Gerda Maletas Bernhard-Fotografien
Hans Hoeller, Gerda Maleta
Für Gerda Maleta sind die Fotografien Erinnerungsaufnahmen aus einer siebzehnjährigen freundschaftlichen Beziehung. In ihrem Buch »Seteais« hat sie die stets gefährdete Balance in dieser Beziehung beschrieben, die strengen Grenzen, die verlangte Distanz, das Tabu der körperlichen Nähe, den immer drohenden Umschlag der Stimmung in Kälte und Verachtung, alle Regeln und Sanktionen dabei vom Autor als männlichem Part bestimmt. Kennen gelernt haben sie einander zu Ostern 1972 im Jagdhaus eines Freundes.
Die Häuser von Gerda Maleta und Thomas Bernhard lagen nicht weit voneinander entfernt, man traf sich in Gerda Maletas Villa Traunegg in Oberweis oder in Bernhards Bauernhof in Obernathal, Orte, die, durch die Traun getrennt, mit dem Auto in wenigen Minuten zu erreichen sind. »Die Nachbarin vom anderen Ufer« (Seteais, S. 79) und der Autor vom diesseitigen unternahmen Reisen miteinander, manchmal auch mit anderen Freunden und Verwandten, Sizilien, Portugal und Mallorca sind auf den Fotografien dokumentiert, sie machten gemeinsame Ausflüge und Wanderungen, ins Ausseerland, auf den Dachstein, begegneten einander in den kleinen Orten und Städtchen der Umgebung ihrer Wohnorte, manchmal trafen sie einander in Gerda Maletas Haus oder in seinem. Manchmal vergingen auch Monate, in denen sie einander nicht sahen, manchmal vermisste er sie sogar – »ich vermisse die Gesellschaft meiner Nachbarin vom anderen Ufer« (Seteais, S. 79). Einmal, sehr spät in seinem Leben, im Dezember 1986, schrieb er ihr, dass er sich zu den Weihnachtsfeiertagen einen »mehr als nur flüchtigen Kontakt« wünsche – »und beide sind wir ja froh über uns – weil wir doch auch sehr viel Glück haben – beide!«