Verantwortungsbewusste Klärschlammverwertung
Karl J. Thomé-Kozmiensky
In mehr als zehntausend Kläranlagen mit meist hohen technischen Standards wird in Deutschland das Abwasser gereinigt. Das Abwasser stammt aus den Haushalten, die zu fast hundert Prozent über die Kanalisation an Kläranlagen angeschlossen sind, sowie aus etwa zweihunderttausend Industrie- und Gewerbebetrieben, die über keine eigenen Kläranlagen verfügen. Dazu gehören Krankenhäuser, Schlachthöfe, Tierkörperbeseitigungsanstalten, Chemie-, Papier- und Textilbetriebe sowie Laboratorien und zahlreiche weitere Betriebe, in denen Chemikalien in mehr oder minder großen Mengen eingesetzt werden. Das Abwasser enthält Chemikalien, Rückstände aus von Menschen und Tieren ausgeschiedenen Pharmazeutika sowie Keime, also das ganze Spektrum von Krankheitserregern. Damit ist Abwasser das Depot für ein unüberschaubares und auch nicht beschreibbares Schadstoffgemisch.
Trotz aller Bemühungen der letzten Jahre zur Reduzierung der Schadstofffrachten durch die Einleiter ist das Spektrum der Substanzen unbeschreibbar groß, wenn auch die Frachten teilweise zurückgegangen sind.
Die aus dem Abwasser entfernten schädlichen Abwasserinhaltsstoffe werden mit der Klärtechnik weitgehend in den Klärschlamm überführt, in dem die Schadstoffe dann in konzentrierter Form vorliegen. Klärschlämme haben daher die Qualität von gefährlichen Abfällen, also von Sonderabfall, auch wenn der Gesetzgeber dies nicht so sieht. Allerdings sah er schon das dem Klärschlamm innewohnende Gefahrenpotential und legte daher für die landwirtschaftlichen Verwertung Grenzwerte für einige Schadstoffe fest.
Nach den allgemein anerkannten Gepflogenheiten im Umweltschutz muss Abfall, in dem Schadstoffe angereichert sind, so behandelt werden, dass diese Stoffe zerstört oder ausgeschleust und aus der Biosphäre entfernt werden.
Im Fall des Klärschlamms sieht die Praxis ganz anders aus. Die im Klärschlamm konzentrierten Schadstoffe werden zu erheblichen Teil wieder verteilt, und zwar auf den Boden und können von dort auf vielfältigen Wegen wieder in die übrige Umwelt gelangen.
Dieser Praxis liegt unter anderem die faszinierende Vorstellung zugrunde, dass damit die auch dem Kreislaufwirtschaftsgesetz zugrunde liegende Idee des geschlossenen Stoffkreislaufes verwirklicht wird. Diese Annahmen ist aus mehreren Gründen falsch, wie im Buch erläutert wird.
Das Verbot der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung ist überfällig. Das ist kein radikalökologischer Ansatz, sondern gehört zur naturverträglichen Bodennutzung, die langfristig auch ökonomisch ist.