Verantwortungsvolle Digitalität
Warum wir den digitalen Wandel gestalten sollten
Christoph Böhm
Dieses Buch verfolgt das Ziel, dem digitalen Wandel einen Verantwortungsbegriff gegenüberzustellen, der dazu beitragen kann, die Idee einer lebensdienlichen und vor allem gerechten Digitalität zu verwirklichen. Der digitale Wandel verläuft jedoch hochdynamisch, so dass jeder Versuch, normative Vorschläge für eine verantwortliche Digitalisierung zu entwickeln, bereits während seines Entstehens von neuen digitalen Wirtschafts- und Lebenspraktiken überholt wird. Mit den bisherigen Verantwortungstheorien gelingt es nicht, diejenigen Verantwortungslücken zu schließen, welche sich im Schatten der rasant wachsenden digitalen Plattformen stetig vergrößern. Aufgrund der hohen Veränderungsdynamik unterscheidet sich der digitale Wandel von früheren technologisch verursachten Umbrüchen in der Gesellschaft. So ist die gegenwärtige Digitalisierung von Lebens- und Wirtschaftspraktiken ein Transformationsprozess, der an dem Autonomiestreben von Menschen insofern ansetzt, als ihnen durch die Digitalwirtschaft permanent neue Verwirklichungschancen angeboten werden. Aufgrund der Teilnahmebedingungen, welche eine vernetzte Gesellschaft einfordert, scheint es zur Abwendung einer sozialen Ausgrenzung erforderlich zu sein, die durch die Digitalisierung angebotenen Verwirklichungschancen auch ergreifen zu müssen. Die hinzugewonnenen Lebensbereicherungen wandeln sich überraschend in neue soziale Abhängigkeiten. Indem Menschen ihre Lebensformen auf den Gebrauch von Digitalpraktiken hin anpassen, entwerfen sie sich auf eine neue Weise. Jedoch sind die sich aus der Anpassung von Praktiken ergebenden Folgen für das eigene Leben nicht immer überschaubar. Verantwortung auf eine dynamische Situation hin anzuwenden, bedeutet daher, weniger die Ergebnisse als vielmehr die Rahmenbedingungen zu bestimmen, unter denen Menschen sich mit ihren Lebenspraktiken nach neuen Idealen ausrichten. Diese Rahmenbedingungen werden in dem vorliegenden Buch benannt, welches sich sowohl an Produzenten als auch an Konsumenten des digitalen Wandels richtet.