Verarscht nach Strich und Faden
Des Fü(h)rers neue Wäsche
Frauke Danker
Verarscht nach Strich und Faden – Des Fü(h)rers neue Wäsche – von Frauke Danker ist eine denkwürdige Lektüre. Wer auf den eher drallen Titel spekulierend eine klamaukige Nazipersiflage erwartet, wird enttäuscht sein, kommt aber trotzdem auf seine Kosten. Man könnte sogar von Fäkalhumor für Fortgeschrittene sprechen. Zumindest führt ein Roter Faden des Buches durch alle möglichen Aborte und Braunhosen der Naziführungsclique. Doch ist das eine recht oberflächliche Perspektive, dessen einfachen Genuss die Autorin auf der Sprachebene konsequent erschwert. Denn Frauke Danker hat alle Sicherheiten rausgenommen, Idiome und Neologismen in Satzabenteuer gestürzt und deshalb liest sich das ganze so:
Und weil er in dem vergrassten Buch so unverschämt verleumdet und verschruzzt wird, versprach er dem Despoten und Vasallen mit deren Gurkesollaot kräftig zu verquirln: Denn die Untatten ssynd unbeschrybblichst. Mann kunnt ssey nur verschruzzenn, verspottenn, verhöhnen nun verachtenn, fwenn mann nit verzwiffeln fwüllt, fügte er hinzu.
Das ist ein wenig irre, aber durchaus auch lässig. Hier hat jemand Spaß am Schreiben, an der Sprache und an den Wörtern. Und wer das Buch nicht gleich zu Beginn genervt zur Seite legt, der erklimmt erwartungsvoll die Wörtergebirge und betrachtet, schnaufend angekommen, von oben das Panorama, welches Danker vor ihm ausbreitet. Er sieht in den Abgrund deutscher Geschichte und – um die Metapher jetzt nicht noch weiter zu strapazieren – er erfährt vom Schicksal des kleinen Fredi. Der wurde 1935, um 5 Uhr 45 bei Stettin geboren und wird bis nach dem Untergang des Hitlerreiches, bis 1946, einige der Höllen zu durchqueren haben, die diese Zeit zu bieten hatte. Mit der schon erwähnten exaltierten Sprachwucht, einer gehörigen Portion Wut und einer fantastischen Rahmengeschichte wird dem Leser ein literarischer, bisweilen kryptischer Geschichtsunterricht zuteil, der manchmal belehrend, immer moralisierend, aber in seinen lichten Momenten durchaus auch erhellend ist.
Alles in allem ein eigenständiges und widerständiges Buch, das sich recht frei aus Autobiographischem, Märchenmotiven, Mythologie und Geschichte zusammensetzt. Eine extreme Lektüre. Und in jeder Hinsicht ein Buch für Extremisten.
booklookerforum
Verfasser Anselmus