Verborgene Zahl – Verborgener Gott
Mathematik und Naturwissen im Denken des Nikolaus von Cusanus (1401-1464)
Marco Böhlandt
Nikolaus von Kues lebte in Extremen – und in ebendiesen fort: Schon zu Lebenszeiten einer der einflussreichsten Persönlichkeiten des christlichen Abendlandes wurde der deutsche Theologe, Philosoph, Kirchendiplomat und Kardinal durch die unmittelbare Nachwelt zu einer wahren Lichtgestalt in der vermeintlichen Finsternis des Mittelalters verklärt, einem Überwinder der Grenzen von dogmatischem Buchgelehrtentum und religiösem Eifer und Vorboten einer Epoche der Neugier und des intellektuellen Aufbruchs. Nicht zuletzt gründete diese euphorische Überhöhung auf Nikolaus’ Grundüberzeugung, dass Naturwissenschaften und Mathematik den Schlüssel zu den höchsten menschenmöglichen Erkenntnissen bereit halten. Dann über Jahrhunderte an den Rand des Vergessens gedrängt, mündete gerade dieses Credo in nicht weniger als einer „Cusanus-Renaissance“ des späten 19. und 20. Jahrhunderts.
Wie nah oder fern aber Nikolaus von Kues unserem so stark durch technisch-naturwissenschaftliches Fortschrittsdenken geprägten Gegenwartsbewusstsein wirklich steht, ist allerdings immer noch eine ebenso offene wie spannende Frage, zu deren Beantwortung dieses Buch einen Beitrag liefern will.