Vergleichende in-vitro-Untersuchung von humanem und tierischem Knorpelgewebe im Rahmen der Entwicklung eines idealen Tiermodells in der Knorpelforschung
Kai Unzeitig
Diese experimentelle Arbeit befasst sich mit der Suche nach dem idealen Tiermodell für die Knorpelforschung und untersucht dabei humane und tierische Knorpelproben auf grundlegende morphologische, biomechanische, histologische und zellbiologische Unterschiede. Arthrose und andere Knorpelschäden am Kniegelenk sind Erkrankungen, die einen großen Teil der Gesellschaft betreffen. Eine Heilung dieser Erkrankungen gibt es bisher nicht. Daher ist die Erforschung neuer Techniken, um hyalinen Knorpel wieder herzustellen und ins Gelenk einzubringen, ein Bereich, dem aktuell viel Beachtung geschenkt wird und der intensiv beforscht wird. Da es jedoch schwierig ist, solche Forschungen am Menschen durchzuführen, gibt es in der Literatur viele tierexperimentelle Studien, die vor allem an Kaninchen, Schafen, Hunden und Pferden durchgeführt werden. Aufgrund dieser Tatsache wählten wir diese Tierarten in unserer Studie, um das ideale Tiermodell im Vergleich zum menschlichen Knorpel zu finden. Um die Daten vergleichbar zu gestalten, wurden dabei jeweils 10 Kniegelenke der oben genannten Spezies an drei verschiedenen Stellen (lateraler dorsaler Kondylus, laterales Patellagleitlager und medialer Kondylus) in unterschiedlichen Untersuchungsschritten verglichen. Für die Knorpeldickemessungen wurden die jeweiligen Proben in eine eigens hergestellte Messvorrichtung gesetzt und unter dem Mikroskop ausgemessen. Hier zeigt sich, dass die häufig eingesetzten Versuchstiere Kaninchen, Schaf und auch Hund mit 0,2-0,6mm eine im Vergleich zum Menschen (ca. 3,0mm) deutlich geringere Auflage von hyalinem Knorpel aufweisen. Das Pferd kommt diesem Wert mit 1,5-2,0mm am nächsten. Die Zoneneinteilungen und die Chondrozytenzählungen wurden, nachdem der Knorpel in Feinschnitttechnik fixiert, verschieden eingebettet und gefärbt wurde, unter dem Mikroskop und Rasterelektronenmikroskop untersucht und ausgewertet. Die Ergebnisse der Knorpelzoneneinteilung zeigen, dass der strukturelle Knorpelaufbau jeder hier untersuchten Spezies unterschiedlich ist. Jedoch entspricht bezüglich der Zonenbildung innerhalb des hyalinen Knorpels der equine Knorpel am ehesten dem humanen. Bei der Chondrozytenzählung fiel auf, dass alle Spezies eine deutlich höhere Anzahl aufweisen als der Mensch. Die biomechanischen Testungen (Kompressions- und Relaxationsmessungen), die ebenfalls in einer eigens für diese experimentelle Untersuchung aufgebauten Messvorrichtung durchgeführt wurden, ergeben deutliche Unterschiede zwischen den Spezies. Hierbei ist die Kompres¬sions¬fähigkeit des Pferde- und Hundeknorpels von allen untersuchten Tieren am ehesten mit der des menschlichen Knorpels zu vergleichen. Während bei den Relaxationsversuchen zwischen den verschiedenen überprüften Tierarten kein signifikanter Unter¬schied festzustellen war, zeigt der menschliche Knorpel einen signifikanten Unterschied bezüglich der Relaxations¬¬fähigkeit. Dies bedeutet, dass der menschliche Knorpel im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Spezies eine größere Steifigkeit besitzt und sich nach Einwirken eines Druckes nicht so schnell regenerieren kann. Im Vergleich zum Menschen sind in Bezug auf die biomechanische Relaxationsfähigkeit jedoch wiederum das Pferde- und Hundemodell den anderen Spezies leicht überlegen. Bei der Suche nach dem optimalen Tiermodell für weitere Knorpelforschungen gilt es jedoch auch weiterhin zu bedenken, dass es deutliche Unterschiede in der Haltung, der Verarbeitung der Knorpelproben und der anatomisch gegebenen Unterschiede hinsichtlich der Größe der jeweiligen Spezies gibt. Daher wird es je nach Fragestellung und Testablauf Unterschiede im optimalen Tiermodell geben, die im Einzelfall geprüft und bedacht werden sollten. Nach unseren umfangreichen Untersuchungen hinsichtlich Knorpelaufbau, Kompressions- und Relaxationsverhalten an den verschiedenen Knorpelproben zeigt sich deutlich, dass das Pferdemodell und das Hundemodell den menschlichen Proben am nächsten kommen und damit für weitere wissenschaftliche Untersuchungen die aussagefähigsten Ergebnisse liefern können.