Verstoßen, verschlungen, erschlagen
Über Grausamkeit im Märchen
Almut Bockemühl
In jedem Märchen geschehen Dinge, die als grausam bezeichnet werden können. Einige enthalten ziemlich viel Maß davon, so z.B.das Grimmsche „Von dem Machandelboom“, und werden entsprechend gemieden. Aus anderen wurden für ‚kindgerechte‘ Ausgaben bedenkliche Stellen entfernt. Ist das sinnvoll oder nicht eher ein Missverständnis? Die scheinbar äußeren Vorgänge im Märchen haben ihre Gültigkeit in einem übertragenen Sinne, sie sind Bilder innerer Geschehnisse. An den Märchen, die in diesem Band eingehender betrachtet werden, wird deutlich: Was in ihnen grausig und unerträglich erscheint, gehört zur Krisis des Geschehens, es wird zum Tiefpunkt der Prüfung, die durchstanden werden muss. Kann und soll man also solche Märchen Kindern doch zumuten und ab welchem Alter?
Aus dem Inhalt
– Silvia Studer-Frangi: Bedrohliches bestehen
– Angelika Schmucker: Durchgang durch den Nullpunkt.
– König Lindwurm
– Almut Bockemühl: Neues Leben aus dem Tod. Von dem Machandelboom
– Elke Blattmann: Der Wolf in der Natur und die Natur des Wolfes. Der Leuteschinder
– Ulrike Mandaiker: Der tötende Blick. Das Meerhäschen
– Arnica Esterl: Mitten im Wald, wo er am dunkelsten war. Der Räuberbräutigam
– Dagmar Wicke: Der Hexenmeister, der die schönen Mädchen fängt. Fitchers Vogel
– Almut Bockemühl: Tod und Wandlung. Perlenreihen
– Christa Schmid: Müssen wir wirklich das Fürchten lernen?
– Anhang: Die Texte der besprochenen Märchen
Die Autorinnen dieses Bandes sind Märchenerzählerinnen, Märchenforscherinnen, Mütter und oder Erzieherinnen, die sich seit vielen Jahren regelmäßig zu Märchen-Kolloquien zusammenfinden.
‚Wissen wir Erwachsenen denn so genau, wo und wie uns die Mächte des Bösen entgegentreten? Erkennen wir den Wolf in uns in jeder Verkleidung? – Gibt es nicht Kräfte, die zwar zerstörerisch wirken können, wie die Prinzessin im Meerhäschen, deren böse Kraft aber gebrochen wird, wenn man sich ihnen gewachsen zeigt?‘
(Almut Bockemühl)