Vom Elefanten zum Intendanten
Peter Zadeks Shakespeare-Inszenierungen am Schauspielhaus Bochum
Astrid Herbold
Das Theater ist immer in einer Krise, nur jeweils in einer anderen. Astrid Herbold sieht das Bochumer Theater Anfang der 70er Jahre als einen Modellfall für die Situation, in der sich das deutsche Theaterwesen um 1970 befunden hat, und doch erscheint es als ein spezifischer, individueller Fall.
Astrid Herbold charakterisiert den Hintergrund, vor dem Zadek 1972 antrat, in doppelter Weise: Aufgrund lokaler Gegebenheiten war das Theater während der 60er Jahre in eine Stagnation geraten; die in Bochum aufwendig betriebene Shakespeare-Pflege war in der städtischen Image-Politik instrumentalisiert worden und dabei erstarrt.
Herbolds Analyse zeigt, wie Peter Zadek in seinen drei Shake-speare-Inszenierungen („Der Kaufmann von Venedig“, „König Lear“ und „Hamlet“) seine Vorstellung vom ,Volkstheater‘ gegen die Mechanismen des .bürgerlichen Bildungstheaters‘ setzte. Dabei wird auch die Funktion der damaligen Auszüge“ aus dem Theaterbau an der Königsallee in das Union-Kino und in die Fabrikhalle an der Haldenstraße erläutert. Astrid Herbold legt aber auch dar, wie dieses Konzept sich seinerseits in seiner eigenen Konvention verfestigte. Diesen internen Formierungsprozess sieht sie sich in einen äußeren umsetzen: Nachdem der erste Schreck bei Zuschauern und Kommunal¬politikern abgeklungen war, verlangten diese geradezu den schockierenden Bruch mit der Tradition und bauten ihn in die kulturpolitische Image-Werbung mit ihrem Bochumer ‚Vorzeige-Klassiker‘ ein. Zadek erkannte diese Zähmung vom – wie er sagte – „Elefanten zum Intendanten“ und verließ Hals über Kopf die Stätte seines Wirkens.