Welt als Körper
Die Darstellung von Ganzheit bei Swift, Voltaire und Melville
Thomas Erthel
Wie wird Totalität in der Literatur dargestellt? Um dieser Frage nachzugehen, muss man sich zunächst klar darüber werden, dass Wörter wie ,Welt‘, ,Erde‘ und ,Globus‘ im alltäglichen Sprechen sowie im Fachjargon heutiger Globalisierungsdebatten zwar allgegenwärtig sind, dass sich hinter ihnen aber häufig problematische Vorannahmen und unausgesprochene Vorstellungen von ,Ganzheit‘ verbergen. Daher untersucht diese Studie die Verwendung solcher ,Figuren der Ganzheit‘ (,Welt‘, ,Erde‘ etc.) in ausgewählten literarischen Texten des 18. und 19. Jahrhunderts (Swifts Gulliver’s Travels, Voltaires Candide und Melvilles Moby-Dick). Vor dem Hintergrund dieser Phase, in der die Expansion des modernen Welt-Systems globale Ausmaße anzunehmen beginnt, wird aufgezeigt, dass die Literatur dieser Zeit nicht nur aktiv das Bewusstsein von der größer werdenden Totalität mitgestaltet, sondern darüber hinaus reflektiert, dass das zunehmende Eins-Sein der ,Welt‘ keineswegs die harmonische Einheit eines globalen Zusammenhalts, sondern stattdessen eine in Kriege, Sklavenhandel und Kolonialismus verwickelte, asymmetrische Ganzheit hervorbringt. Darüber hinaus wird zum ersten Mal untersucht, wie die literarischen Texte in diesem Kontext Körper inszenieren, um die Vorstellungen von der Gestalt, dem Umfang und dem Zustand der ,Welt‘ dieser Zeit zu verhandeln.