Wenn das Herz zu klein wird
P Dietlinde Draskoczy, Krisztina Maros, Imola Julianna Szabó
Es kommt vor, dass wir nichts für eine Tragödie können, dass es nichts und niemanden gibt, das oder den man dafür verantwortlich machen könnte, sie passiert einfach mit uns.
Das gilt auch für die beiden kleinen Mädchen, die die Hauptfiguren der beiden Geschichten in das Buch sind: Die Dinge passieren einfach mit ihnen. Eine von ihnen hat ihren Vater verloren, die andere ihr Augenlicht. Was kann man in solchen Situationen tun, außer sie zu akzeptieren? Die Hauptfigur der Geschichte Windmädchens Kritzeleien, die in Form eines Tagebuches und freier Ideen erzählt, wird unwillkürlich von der Absicht geleitet, Ordnung zu schaffen: alles wieder an seinen Platz zu bringen, sich wieder in den Alltag einzuleben, in einer Welt ohne Vater. Die Hauptfigur der Geschichte Zsilikes Mantel muss lernen, ohne Farben zu leben. Ihre Suche nach dem Weg ist ebenfalls eine zweifache, die intensive geistige und körperliche Anstrengung erfordert und vielleicht noch schwerer als die des Windmädchens, da sie das Unbekannte abtasten muss.
Imola Szabó erschafft ihre Texte als Körper, deren Träger die Formen der Buchstaben, deren Platzierung auf dem Papier, die Form des Papiers und seine tastbaren Eigenschaften sind. Und das vermutlich nicht, weil sie meint, ihre Texte seien für sich zu wenig, sondern eher weil das Buch als Gegenstand dem Wort ein Gewand verleiht oder, wenn man so will, weil das Buch darin verkörpert wird.
Die Einheit von Bild und Text erschafft Krisztina Maros, die Illustratorin des Buches, auf sensible und abwechslungsreiche Art und Weise. Manchmal verstärkt sie den inneren Pulsschlag des Textes nur mit typografischen Mitteln. Es ist die Einheit des verbalen und des visuellen Instrumentariums, in der sie gegenseitig aufeinander verweisen und die auf ihrer Synthese basiert, die wirklich dazu beiträgt, dass die von Thomas Mitchell als „Bildtext“ bezeichnete neue Formation Form annimmt, eine neue Qualität also, die alleine weder die Bilder noch die Texte bergen.
Das Buch wurde in dem Wettbewerb „Schönes ungarisches Buch“ 2015 in der Kategorie der literarischen und Jugendbücher mit einer Urkunde gewürdigt.