Wer lebt gut im Russenland
Alfred Anderau, Nikolaj Nekrassow
Sieben junge russische Bauern – es ist kurz nach Aufhebung der Leibeigenschaft – treffen sich zufällig auf der Landstrasse und beschliessen, zu Fuss durch das Land zu streifen auf der Suche nach Menschen, die „glücklich und frei“ im Russenland leben. Dieses ansprechende erste Kapitel mit noch märchenhaften Zügen, wandelt sich sehr bald in realistische, farbige Beschreibung der sozialen Zustände auf dem Land.
Die erste längere Begegnung geschieht mit einem Popen, den die Bauern nach seiner vermeintlich glücklichen Existenz befragen. Er eröffnet ihnen allerdings eine wesentlich andere Realität. Darauf beschert ihnen der Besuch in einem Dorf, wo gerade Jahrmarkt ist, weitere Begegnungen (und bietet Nekrassow Gelegenheit zu lebhaften Episoden). Wie dieses Fest in einer weniger schönen „trunkenen Nacht“ endet, ziehen die Bauern ernüchtert weiter.
Die Begegnung mit einem Gutsherrn, der seinem alten Leben mit Jagd, mit Gelagen und uneingeschränkter Macht über seine ehemaligen Bauern nachtrauert, erweitert das Bild der Bauern. Noch krasser (aber für den Leser unterhaltsam) wird das Zusammentreffen mit einem fürstlichen Autokraten, der seine alten Rechte immer noch ausübt, weil seine Erben das so mit den Bauern ausgehandelt haben.
Nun finden die sieben Bauern, sie müssten einmal bei Frauen nachfragen, bei einer der selbständigen, stolzen Bäuerinnen. Sie gilt als erfolgreich und ent-sprechend glücklich. Doch ihre Lebensdarstellung mit vielen realistischen Details belehrt sie eines besseren.
So bleibt ihnen nur übrig, mit dem Dorf ein Fest zu feiern auf eine Zukunft hin, die nicht nur den Bauern, sondern auch den russischen Frauen wirkliche Freiheit bringen soll.
Nekrassow schreibt in lebendigen, ungereimten Versen, deren volkstümlicher Ton (den er sehr gekonnt handhabt), den Leser heute noch unmittelbar anspricht, und deren Inhalt ein sehr breites, sehr russisches, informatives Bild vermittelt, dem westlichen Leser fast unbekannt und spannend.