Wesen und Formen der Sympathie
Christian Bermes, Max Scheler
Max Schelers einflussreiche phänomenologische Studie zu den Erscheinungsformen der Sympathiegefühle und ihrer Relevanz für eine moralisch gelungene Selbstgestaltung im Horizont verschiedener Sozialitätsformen ist das erste systematische Werk zur Emotionstheorie, nachdem die von Nietzsche mit Hohn und Spott bedachte Gefühls- und Empfindungskultur gegen Ende des 19. Jahrhunderts rapide an Bedeutung verloren hatte. Es ist gerade heute wieder von besonderem Interesse, insbesondere für die gegenwärtigen Diskussionen in der Philosophie der Gefühle (beispielsweise um kollektive Intentionalität bzw. um geteilte Gefühle), aber auch in anderen Feldern der Geistes-und Naturwissenschaften. Schelers Sympathie-Konzept verknüpft ein ganzes Bündel von ideengeschichtlichen Motiven der Gefühlsphilosophie, auch quer zu den eingetretenen Wegen philosophischer Traditionen. Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Objektivität des Sympathiegefühls, dem er den Rang einer Wesensbestimmung des Menschen zuschreibt. Mit seiner wirkmächtigen Kritik an einer Ethik bloßer Empathie, der Ausarbeitung eines Personbegriffs, der neben das Vernunftvermögen die Erkenntniskraft der Liebe stellt, und der Verbindung von Anthropologie, Metaphysik und Ethik unter der Perspektive der phänomenologischen Methode wurde die Sympathieschrift für die Philosophie des 20. Jahrhunderts und für interdisziplinäre Debatten der Emotionstheorie grundlegend. Erst mit der vorliegenden Edition liegt eine philologisch gesicherte, zuverlässige Textgrundlage vor, die angesichts der Bedeutung des Werks bislang schmerzlich vermisst wurde. Scheler hat die 1913 zeitgleich mit dem Formalismusbuch veröffentlichte Sympathieschrift in der zweiten Auflage 1923 in weiten Teilen neu gefasst und erheblich ergänzt, was in dieser Ausgabe zum ersten Mal dokumentiert ist.