Wie das Konzil von Trient hätte der Einheit dienen können
Martin Chemnitz korrigierte die Konzilsbeschlüsse
Wolfhart Schlichting
Vorliegende Einführung ist gedacht als Begleitbuch zum Studium der 2022 vorgelegten deutschen Ausgabe von Martin Chemnitz’ (1522–1586) Examen Concilii Tridentini. Dies Werk begann schon drei Jahre nach Ende des Tridentinischen Konzils, im Jahr 1566, zu erscheinen, abgeschlossen mit Teil 4 im Jahr 1574. Viele Auflagen folgten, einige deutsche Ausgaben mitunter unvollständig. Vollständig indes publizierte der Gießener Pfarrer Georg Nigrin bereits 1576 eine deutsche Übersetzung des „Examen“, nun „Erörterung“ genannt. Im Jahr 2022 wiederum erschien Nigrins Übersetzung in einem Umfang von knapp 3000 Seiten, behutsam sprachlich bearbeitet von Martin Hamel.
Dies war ein Grund, Wolfhart Schlichtings Einführung in jenes Spitzenwerk frühneuzeitlichen Luthertums vorzulegen. Schlichting erarbeitete seinen Text aus einer lateinischen Ausgabe mit vielen erschließenden Beigaben von 1707, besorgt von Georg Christian Joannis (1658–1735), Sohn des Marktbreiter lutherischen Geistlichen Martin Joannis (1621–1678). Katholischerseits wurde diese Ausgabe gelegentlich gar als „die beste Edition“ bezeichnet. Schlichtings Rückgriff auf den immer noch rund 1200 Folio-Seiten umfassenden Text bürgt für authentische Kenntnisnahme des von M. Chemnitz Gemeinten, wie zugleich das Gesamtstudium des „Examen“ eine sachgemäße Schwerpunktsetzung ermöglicht. Die dicht gestreuten Belegstellen aus dem genannten lateinischen Text von 1707 wurden sämtlich redaktionell ergänzt nach der deutschen Ausgabe des „Examen“ von 2022 – als Randglossen beigegeben.
Lutherische Orthodoxie entzieht sich hier nicht nur dem schon früh, prominent und nachhaltig wirkenden Vorwurf, „tote Orthodoxie“ zu sein. Vielmehr spürt Chemnitz Möglichkeiten der Übereinstimmung nach, markiert Differenz durchaus, aber zusammen mit Bereitstellung von Argumenten für das Erreichen von Lehreinheit und – last not least – betont immer wieder auch schon vorhandene Einheit in der Wahrheit.
Eine prominente Quelle der lutherischen Frühorthodoxie des 16. Jahrhunderts wird durch Wolfhart Schlichting erschlossen und damit ein Schlüsselwerk in der Geschichte interkonfessioneller Verständigungsbemühungen im 16. Jahrhundert. Vorliegende Einführung als Begleitbuch beim Studium von Chemnitz’ „Examen“ bzw. „Erörterung“ empfiehlt den auch heute noch nötigen evangelisch – katholischen Bemühungen um Einheit in Wahrheit die Hilfen eines klassischen lutherischen Textes.
Wolfhart Schlichting (* 1940), Dr. theol. 1969 (aufgrund einer Arbeit zum biblischen Denken in der Kirchlichen Dogmatik Karl Barths), 1969–1970 vom Lutherischen Weltbund entsandt nach Ecuador für die Sammlung deutschsprachiger Evangelischer, Studentenpfarrer Regensburg, Spiritual einer Kommunität, theologischer Dozent im In- und Ausland (Kassel, CVJM Sekretärschule; Hongkong, Lutheran Theological Seminary), Rundfunkprediger, Pfarrer in Augsburg, St. Jakob, Synodaler der bayerischen Landessynode sowie der Synode der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Deutschland (EKD).
Mannigfache Veröffentlichungen zu theologischen Grundfragen, Kirchengeschichte, kritischen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft, Rundfunkpredigten