Wohin geht die Reise?
Gesellschaftskritische Streifzüge im grenznahen Bereich
Ulf Gerlach
Wohin ich in den Urlaub fahre? Hey, alleine schon die Frage. Wieso wird denn erwartet, dass ich überhaupt verreise? Doch nicht nur hier scheint Einiges aus dem Ruder gelaufen zu sein. Das stelle ich fest, als ich tatsächlich einmal im Urlaub zu Hause bleibe und meine Stadt mit wachen Augen erlebe. Zehn Meter Regalfläche im Supermarkt allein mit Joghurts. Mit Life-style-Gedöns aufgeladene Alltagsprodukte. Steuergesetze, die keiner mehr versteht. Mega-Hype um Pseudostars aus der Glamourwelt. Facebook-Kontakte statt echter Freunde. Like? Dislike?
Eine verrückte Zeit. Wir wollen alles gleichzeitig, sofort und jederzeit – persönliche Höchstleistung, maximalen Konsum, Freizeitvergnügen, permanente Erreichbarkeit, kontinuierliche Bestätigung. Unsere Zeit leidet an Maßlosigkeit, Selbstverliebtheit und Grenzenlosigkeit. Oder gibt es eine Grenze? Und wenn ja, wo ist die Grenze? Wann ist es genug, woran erkenne ich die Grenze? Wie Fortschritt erzielen, ohne Rückschritt zu erleiden? Muss man die Grenze überschreiten, um zu wissen, dass hier die Grenze lag? Oder ist es dann etwa schon zu spät?
Dieses Jahr also kein Cluburlaub an der Côte d’Azur, nicht Bergwandern in Südtirol und auch keine Städtereise nach Dubai. Sondern zur Abwechslung das echte Leben. Vor Ort. Intensiv. Authentisch. Langweilig? Im Gegenteil: Viel aufregender und vor allem viel anregender!