Wundt im Verhältnis zu Kant und zur Psychologie im Kontext
Nadine Schumann, Manfred Wetzel
Wilhelm Wundt, 1832-1920, Philosoph und Multi-Einzelwissenschaftler, insbes. Psychologe, hatte ab der zweiten Hälfte seines Lebens außerordentliche Resonanz, doch nach seinem Tode verfiel
er sehr schnell und bis „heute“ nahezu der Vergessenheit, als Philosoph wie als Psychologe. Das hatte und hat drei Gründe: Mit seiner gleichgewichtigen Kombination aus Philosophie und
Psychologie paßte und paßt er in keine Schublade und in beiden Bereichen entsprach und entspricht er nicht den mainstreams: In der Philosophie waren es zunächst die beiden Neukantianismen und die
Phänomenologie mit ihren Schattierungen und seit Jahrzehnten ist es die Analytische Philosophie in ihren Varianten incl. der Erlanger Schule; in der Psychologie hat längst der Methodologische Behaviourismus
die Herrschaft angetreten, wenn auch mittlerweile eingeschränkt durch die hybride Kognitive Psychologie, die ihrerseits nicht weniger herrschaftsanmaßend auftritt. Dieser Vergessenheit wollen wir entgegenwirken. Im Ersten Hauptteil gehen wir auf das Verhältnis von Wundt zu Kant ein, dem für Wundt schlechthin zentralen und entscheidenden Philosophen, beschränken uns aber auf beider thematische „Haupt-Schnittmengen“, zu denen Wundt erhebliche Weiterführungen bei Kant offen gebliebener Probleme gelingen; d.s.
— das Verhältnis von Philosophie und Psychologie und
— das Verhältnis von Theoretischer und Praktischer Philosophie.
Im Zweiten Hauptteil zeichnen wir ein Panorama zur Psychologie
Wundts mit ihren drei großen Bogen:
– erstens zwischen „Physiologischer Psychologie“und „Völkerpsychologie“,
– zweitens zwischen Logik und Psychologie,
– drittens qua Parallelität von physischer und psychischer
Kausalität, – mit Einzelanalysen in exemplarischer Absicht und in stetem Blick auf Wundts echten Methodenpluralismus in Theorie und Praxis.