Zär’a Yaqob
Eine äthiopische Weltanschauung
Viktoria Frysak, Bekele Gutema
Zär’a Yaqob (auch: Sara Jakob, Zara Yacob, Zera Jacob) bedeutet „Spross Jakobs“ und ist der Name eines Mannes, der als bedeutender Denker des 17. Jahrhunderts angesehen werden muss. Er lebte von 1600 bis ca. 1693/94 u.Z. im äthiopischen Hochland. In dieser Zeit der heftigen religiösen Auseinandersetzungen zwischen der katholischen und der koptischen Kirche stellte sich Zär’a Yaqob der Frage nach der Wahrheit und fand im menschlichen Verstand die einzig relevante Instanz der Erkenntnis. Seine Einsichten schrieb er auf die Bitte seines Schülers Waldä Heywat („Sohn das Lebens“) hin als Hätäta („Abhandlung“) in Form einer Autobiografie auf. Waldä Heywat setzte das Buch seines Lehrers mit einer eigenen Hätäta fort.
Zär’a Yaqob konnte im Formulieren seiner Gedanken nicht auf eine reiche Tradition von Wissenschaft und Philosophie zurückgreifen wie seine Zeitgenossen in Europa. Gerade deshalb ist es wichtig zu erwähnen, dass die Untersuchung seiner Abhandlung durch Claude Sumner einen Vergleich von Zär’a Yaqob mit Rene Descartes zur Folge hat, der darüber hinaus zeigt, dass die moderne Philosophie in Afrika zur selben Zeit wie in Europa begann (vgl. Sumner, Claude: „The Treatise of Zär’a Ya’eqob and of Wäldä Heywat. An Analysis“ in: Ethiopian Philosophy, Volume III, Addis Ababa, 1978). Die denkerische Leistung Zär’a Yaqobs ist umso höher einzuschätzen, als er mehr oder weniger nur sein eigenes Nachdenken in einer einsamen Höhle als Grundlage für seine Thesen zur Verfügung hatte.