Zeiterfahrung und gesellschaftlicher Umbruch in Fiktionen der Post-DDR-Literatur
Literarische Figurationen von Zeitwahrnehmung im Werk von Lutz Seiler, Julia Schoch und Jenny Erpenbeck
Carola Hähnel-Mesnard
Als 1989 mit der Berliner Mauer auch eine »Zeitmauer« (Heiner Müller) zusammenbrach, zeigten die Uhren in Ost und West weiterhin dieselbe Zeit an, doch veränderte sich deren Wahrnehmung für die Ostdeutschen, die plötzlich mit einer anderen Zeitordnung konfrontiert wurden. Carola Hähnel-Mesnard erörtert anhand der narrativen Werke von Lutz Seiler, Julia Schoch und Jenny Erpenbeck, wie dieser Zeitenwechsel in der Literatur reflektiert und ästhetisch verarbeitet wird. Die Autorin fragt danach, welche genuin literarischen Formen zur Darstellung der Zeiterfahrung in einem besonderen geschichtlichen Zusammenhang eingesetzt werden, wie Zeit ästhetisch inszeniert wird, auf welche kulturellen Modelle die SchriftstellerInnen zurückgreifen und inwiefern Zeitdarstellung in den Werken bedeutungstragend ist.
When the Berlin Wall came down in 1989, a “Zeitmauer” (“time wall”) (Heiner Müller) also fell in parallel. Although the clocks in East and West still presented the same time, the perception of time changed for East Germans, who were suddenly confronted with a new time order. With the help of narratives from Lutz Seiler, Julia Schoch and Jenny Erpenbeck, Carola Hähnel-Mesnard explains how this time change is reflected and transmitted aesthetically in literature. The author asks which genuine literary forms are used to present the experience of time in a particular historical context, how time is aesthetically staged, which cultural models the authors refer to and how the presentation of time is important in the works.