Zwei Welten
Erzählungen
Hem Mahesh, Chudamani Raghavan
Chudamani Raghavans Schreiben nimmt die vielschichtige Komplexität der indischen Gesellschaft im Wandel zwischen Tradition und Moderne in den Fokus.
Protogonisten ihrer Erzählungen sind zumeist Frauen, deren kleine, persönliche Wandlungen in einem unauffälligen Alltagsmilieu stattfinden. Chudamanis Schauplätze sind konventionell, in diesen wirken die unkonventionellen Schritte ihrer Protagonistinnen umso dramatischer und durchschlagender. Chudamanis Porträts von sensiblen, aber starken Frauen gleichen psychologischen Studien. Sie beschreiben die Entstehung und Entwicklung ihrer Kämpfe innerhalb der eigenen vier Wände, manchmal darüber hinaus. Sie spüren ihren Erfolgen und ihren Verzweiflungen nach, und wichtiger noch, sie stellen die unbeugsame Willensstärke der Protagonistinnen in den Mittelpunkt.
Chudamani Raghavans Leben (1931-2010) selbst zeugt von eben dieser Willensstärke, die sie ihren Frauenfiguren zukommen lässt. Zwischen 1954 und 2004 veröffentlichte sie 574 Kurzgeschichten, und dies trotz einer körperlichen Behinderung, die sie selbst von Kindheit an auf ein Leben in häuslicher Enge beschränkte. Umso mehr beeindrucken ihre nuancierten Charakterbeschreibungen und ihr untrügliches Beobachtungsvermögen menschlichen Verhaltens. Obwohl sie nicht in der Öffentlichkeit präsent war, ist sie bis heute eine hoch angesehene, verehrte und geliebte Schriftstellerin. Durch ihre Geschichten und deren Theaterinszenierungen hat Chudamani Raghavan einen beachtlichen Beitrag zum Selbstbewusstsein der Frauen Südindiens geleistet.