Können Autos fliegen? Warum gehört ein Trabbi nicht zwischen 2 Hauswände? Und wo gibt es das Abitur zum Autosurfen? Dies lernt Thoralf Schmidt beim Begleitenden Fahren auf seine ganz eigene Weise...
Aktualisiert: 2021-12-01
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In Deutschland besteht ein hoher verkehrspolitischer Handlungsbedarf zur Absenkung des Unfallrisikos junger Fahrer. Mit einem fünffach höheren Risiko gegenüber dem Gesamtdurchschnitt ist die Altersgruppe der 18- bis 20-Jährigen am stärksten gefährdet. In dieser jüngsten Altersgruppe der Pkw-Fahrer finden sich die höchsten Anteile von Fahranfängern.
Derzeit bestehen in Deutschland noch keine Maßnahmenansätze, um Fahranfänger bereits zum Start in die selbstständige Fahrkarriere mit umfassenderen fahrpraktischen Erfahrungen auszustatten. Im Ausland wurden dagegen in den 90er Jahren mit fahrpraxisbezogenen Maßnahmenansätzen bereits beträchtliche Erfolge erzielt: So konnte in Schweden das Unfallrisiko von Fahranfängern um bis zu 40 Prozent, in Nordamerika - je nach Maßnahmenausgestaltung - zwischen 4 und 60 Prozent gesenkt werden (GREGERSEN, 2000; MEI-LI LIN, 2003).
Im Mai 2002 richtete der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen bei der Bundesanstalt für Straßenwesen die Projektgruppe "Begleitetes Fahren" mit Experten aus Bund und Ländern, Verbänden und Wissenschaft ein. Die Projektgruppe erhielt den Auftrag, die Obertragbarkeit der ausländischen Erfahrungen zu prüfen und ggf. einen Modellvorschlag für einen fahrpraxisbezogenen Maßnahmenansatz in Deutschland zu erarbeiten.
Als Ergebnis ihrer Arbeit legt die Projektgruppe mit dem vorliegenden Bericht den Modellvorschlag "Begleitetes Fahren ab 17" vor, verbunden mit der Aufforderung an den Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die interessierten Bundesländer den Maßnahmenansatz erproben können.
Nach dem Vorschlag der Projektgruppe erhalten Fahranfänger mit dem Begleiteten Fahren die Möglichkeit einer zusätzlichen Übungspraxis von bis zu einem Jahr vor dem Beginn des selbstständigen Fahrens ab 18 Jahren. Auf der Grundlage wissenschaftlicher Abschätzungen zur Kompetenzentwicklung bei Fahranfängern wird ein Übungsumfang von 5.000 km empfohlen.
Die Projektgruppe sieht dass "Begleitete Fahrbn ab 17" als eine Ergänzung der anderen Maßnahmenansätzen für junge Fahrer und Fahranfänger, nicht als eine Alternative oder Konkurrenz. Das Begleitete Fahren verfolgt mit dem längerfristigen Aufbau fahrpraktischer Erfahrungen eine eigenständige Aufgabenstellung, die von den anderen Maßnahmenansätzen nicht wahrgenommen wird. Ebenso wie die freiwillige Fortbildung von Fahranfängern (Zweiphasenausbildung), für die im Mai 2003 die erforderliche Rechtsgrundlage geschaffen wurde, und das Pkw-Sicherheitstraining ist das Begleitete Fahren als ein freiwilliges Modell angelegt, das Fahranfängern zusätzliche Möglichkeiten des Dazulernens bietet.
Das Projektgruppenmodell ist auf das Ziel einer Sicherheitsverbesserung für Fahranfänger ausgerichtet. Diese Zielsetzung wird mit den Zielen der Zugangsfreundlichkeit und der Praktikabilität verbunden, damit eine breite Nutzung des Modells und die Ausschöpfung seines Sicherheitspotenzials ermöglicht wird.
Die Projektgruppe geht aufgrund der Daten zum Risikoverlauf nach dem Fahrerlaubniserwerb (Halbierung des Anfangsrisikos nach neun Monaten Fahrpraxis) von einem hohen Potenzial zur Absenkung des Fahranfängerrisikos aus. Der tatsächlich erzielbare Sicherheitsertrag des Begleiteten Fahrens in Deutschland ist jedoch im Rahmen einer praktischen Erprobung zu klären.
Aktualisiert: 2019-01-17
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BASt M 235
Ein Verfahren zur Messung der Fahrsicherheit im Realverkehr entwickelt am Begleiteten Fahren
W. R. Glaser, H. Waschulewski, M. O. Glaser, D. Schmid
60 S., 59 Abb., 24 Tab., ISBN 978-3-95606-008-3, 2013, EUR 15,50
Im modernen Kraftfahrzeug werden die Fahr- und Bedienungsdaten elektronisch gemessen und über Bussysteme (z. B. CAN – Controller Area Network) Effektoren und Rechnereinheiten zugeführt. Mit geeigneten Datengrabbern können sie entnommen und gespeichert werden. Mit einem entsprechend ausgestatteten Messfahrzeug können damit auf Versuchsfahrten elektronische Daten zur Messung der Verkehrssicherheit gewonnen werden.
Die Aufgabe des vorliegenden Projekts war es, die Auswirkungen des Begleiteten Fahrens auf die Fahrsicherheit der Fahranfänger standardisiert zu bewerten. Sie bestand aus drei Teilen: die Festlegung und Dokumentation einer standardisierten Fahrstrecke im öffentlichen Straßenverkehr, die Gewinnung eines Referenzdatensatzes für die Fahrprobe mit 40 Personen und die Entwicklung eines psychometrischen Tests für Fahrsicherheit anhand dieser Fahrprobe.
Im ersten Teil wurde eine Fahrstrecke ausgewählt, die folgende Anforderungen erfüllte: Fahrdauer ungefähr 90 Minuten, Fahrzeit und Streckenlänge mit etwa gleichen Zeitanteilen Innerorts, Landstraße und Autobahn und mit für die Zielgruppe repräsentativen Fahraufgaben in ausreichender Anzahl (z. B. Linksabbiegen, „rechts vor links“-Regelung).
Im zweiten Teil wurde mit einer Fahrprobe an 40 Vpn ein Referenzdatensatz für die standardisierte Strecke gewonnen. Von den Vpn waren 26 zwischen 18 und 22 Jahren alt, davon 17 mit und 9 ohne früheres Begleitetes Fahren. Das Alter der übrigen 14 Vpn lag zwischen 23 und 50 Jahren, alle ohne Erfahrung mit Begleitetem Fahren.
Der dritte Teil galt der Zusammenstellung schon bekannter Bausteine zu einem Test zur Erfassung der Fahrsicherheit anhand einer Fahrprobe. Elektronisch gemessen wurden 11 Variablen (z. B. Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, Abstand zum Vorausfahrzeug, Zeit bis Kollision) sowie mit Vl-Tastendruck registrierte Fahrfehler. Die Vp bearbeitete die Rating Scale for Mental Effort (RSME; EILERS, NACHREINER und HÄNECKE, 1986). Einfache statistische Auswertungen dieser Variablen liefern noch kein psychodiagnostisches Messinstrument für Fahrsicherheit. Deshalb wurde das von den Auftragnehmern bereits früher publizierte System I-TSA (INVENT – Traffic Safety Assessment; W. R. GLASER, WASCHULEWSKI und SCHMID, 2005) aufgegriffen, verbessert und in der Software anwendungsfreundlicher gestaltet. Mittels einer Faktorenanalyse wurden acht durch Häufigkeitstransformation normalisierte, auf den Mittelwert 100 und die Standardabweichung 10 standardisierte Skalen für Komponenten der Fahrsicherheit gefunden: 1 Geschwindigkeit, 2 Fahrbeschleunigung, 3 Längsabstand, 4 Spurhaltung, 5 Blinker, 6 Lenkbewegungen, 7 Mentale Beanspruchung (RSME), 8 Fahrfehler Versuchsleiter-Tasten.
Neben elektronisch gewonnenen Daten wurden Papier-Bleistift-Tests eingesetzt, um auf herkömmliche Weise erhobene Resultate mit den elektronischen vergleichen und bei Fehlen eines Messfahrzeugs auch bisherige Methoden auf die standardisierte Fahrstrecke anwenden zu können. Die Vp füllte einen aus 47 Items bestehenden Fragebogen zum Fahrerleben aus, der auch die 20 Items des Technik-/Risiko-Fragebogens von BR. FÄRBER und BE. FÄRBER (2003) enthielt. Eine Faktorenanalyse lieferte die fünf Skalen „Ängstlichkeit und Furcht vor Überlastung oder Überforderung“, „Freude am Fahren“, „Begeisterung für die Technik“, „Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit als Fahrer(in)“ sowie „Norm- und Regelorientierung“.
Nach Ende der Fahrprobe beurteilte der Versuchsleiter anhand einer gängigen Fahrfehlerliste mit 33 Items die Beeinträchtigung der Fahrsicherheit. Die 33 Bewertungen wurden zu einem einzigen Sicherheitsscore zusammengezogen. Es folgte ein Sicherheitsrating für 9 eher allgemeine, charakteristische Verhaltensweisen wie Geschwindigkeitswahl oder Überholen. Diese 9 Sicherheitsratings lieferten in einer Faktorenanalyse zwei gut als Fehler (Error) und als Schnitzer (Lapse) im Sinne des DBQ (Driver Behaviour Questionnaire; REASON, MANSTEAD, STRADLING, BAXTER und CAMPBELL, 1990) interpretierbare Skalen. Schließlich beurteilte der Vl den Fahrstil in einem semantischen Differential mit 11 Adjektivpaaren wie rücksichtsvoll – rücksichtslos oder aggressiv – defensiv. Dieses ergab ebenfalls zwei faktorenanalytisch begründbare Skalen: „Anspannung“ und „Angepasstheit“ beim Fahren. Insgesamt wurden also 8 I-TSA-, 5 Fahrerlebens- und 5 Versuchsleiter-Beurteilungsskalen aufgestellt. Diese 18 Skalen bilden zusammen einen standardisierten Test, der ein aussagekräftiges Profil der Fahrsicherheit für jeden Pbn liefert. Die meisten davon sind mit Cronbachs a > 0,8 sehr reliabel.
Die Faktorenanalyse über die 18 Skalen des gesamten Tests erklärt 75,8 % der Gesamtvarianz mit zwei starken und vier mäßig ausgeprägten Faktoren. Der Test misst also ein sechsdimensionales Konstrukt der Fahrsicherheit. Faktor 1 fasst alle beobachteten und beurteilten Fahrfehler zusammen. Faktor 2 konzentriert sich auf den Fahrerlebensbogen, ergänzt um die mit der RSME selbst eingeschätzte mentale Beanspruchung. Faktor 3 gibt die elektronisch erfassten Fahrdynamikskalen I-TSA 1 bis 3 wieder. Die weiteren drei Faktoren bleiben Einzelrestfaktoren für „Norm- und Regelorientierung und Blinken“, „Spurhaltung und Lenkbewegungen“ sowie „Begeisterung für die Technik“.
Ein Planversuch für Gruppenunterschiede war nicht intendiert und wäre auch über den Rahmen dieses Projektes hinausgegangen. Die Daten ließen sich jedoch als Ex-Post-facto-Experiment für die gegebene Stichprobe auswerten. Dabei zeigte sich, dass der Test zwar nicht zwischen den Geschlechtern und den hier einbezogenen Altersgruppen diskriminierte. Vpn mit und ohne Begleitetes Fahren konnte er aber in der logistischen Regression fehlerfrei unterscheiden, der F-Test auf multivariate Mittelwertsunterschiede erreichte die einseitige Signifikanzgrenze.
Aktualisiert: 2021-08-05
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