Kaum ein anderer dürfte um 1900 innerhalb von 20 Jahren in Niedersachsen so zahlreiche Gaststätten aufgesucht haben wie Hermann Löns, der hier entweder berufsbedingt als Journalist und Schriftsteller recherchierte oder bei seinen unzähligen Jagd- und Angelausflügen sowie Radtouren übernachtete.
Als wahrheitsliebender Chronist schilderte er dann in Novellen und Essays die gemütlichen aber auch die negativen Seiten vor allem des ländlichen Wirtshauslebens im Dorfkrug, dem sozialen Mittelpunkt des Dorfes, oder in den für den beginnenden Fahrrad- und Wandertourismus ausgebauten Landgasthöfen.
In seinen humorvollen Erzählungen persiflierte er die Biersteuer, Biertouristen, den Biergarten als Heiratsinstitut, die „aus Bayern importierten Biermamsells“, einen „Bierkriegfrieden“ zwischen Biertrinkern, Brauereien und Wirten und gibt humorvolle Benimmregeln für den Besuch von Bierfesten wie dem alljährlichen Schützenfest, die heute immer noch gültig sind.
Der „Dichter der Heide“ wird in zahlreichen Geschichten zum „Dichter der Heideschenken“, der gemütliche Dorfkneipen beim „Erntebier“ schildert und pfiffige Wirte und ihre klugen Töchter zu Helden macht, aber auch tragische Dorfgestalten benennt, die aus der Lebensbahn geworfen wurden oder gar im Alkoholrausch einen Totschlag begangen haben, nun auch im Alkohol keinen Trost finden, entweder scheitern oder sich wieder erfolgreich zurück ins Leben kämpfen.
Wenn Löns, der besonders die heimischen Biere wie das traditionelle Braun- und Bockbier schätzte, nicht umhinkommt, auch damalige Kneipenschlägereien zu schildern, so steht doch stets die Gemütlichkeit und Geselligkeit im Gasthaus im Vordergrund, wo dann beim offenen Kaminfeuer philosophiert wird und aus Fremden Freunde werden.
Erstmals werden seine sämtlichen 30 niedersächsischen Bier- und Wirtshausgeschichten von 1894 - 1914 nun komplett nach 100 Jahren wiederveröffentlicht und werden ergänzt durch die Gaststättenberichte aus seinen Städteessays. Sie alle zusammen geben so ein beeindruckendes und umfassendes Bild der nieder-sächsischen Bier- und Gasthauskultur um 1900 vom Harz bis ins Ammerland, von Einbeck, Osnabrück, Hannover und Celle bis in die Lüneburger Heide, die Löns stets bierlaunig mit viel Humor, Tragikomik und Lebensweisheit geschildert hat.
Ein umfangreiches Nachwort von Detlef Münch, Mitglied des Hermann-Löns-Verbandes und der Gesellschaft für Geschichte des Brauwesens sowie Herausgeber der Dortmunder Bier Zeitung mit fränkisch-westfälischer Biertradition seit 1622, zu „Hermann Löns und die niedersächsische Bier- und Wirtshauskultur um 1900“ runden mit Erläuterungen und zahlreichen zeitgenössischen Abbildungen zu den von Löns häufig besuchten niedersächsischen Gaststätten den Band ab.
Inhalt
1888 Im Mühlengarten (Kapitelauszug aus Platonische Liebe)
1888 Der Trunkenbold
1894 Tabak- und Biersorgen
1896 Die Kegelreise
1898 Biermamsells
1898 Eingeregnet (Landregen)
1900 Im Zoologischen Garten
1901 Lebensregeln für Bierfeste
1903 Die Lustbarkeitssteuer
1906 Bierkriegfrieden
1907 Siehst du wohl, das kommt davon
1907 Der Verschwender
1905 Im blauen Schimmel
1908 Der neue Krug
1909 Doppelte Liebe (Kapitelauszug aus Der letzte Hansbur)
1909 Der Blaurand (Kapitel aus Der letzte Hansbur)
1909 Wirt Nordhoff (Kapitel "Das Käuzchen" aus Dahinten in der Haide)
1909 Bauernmal im weißen Roß (Kapitelauszug aus Dahinten in der Haide)
1910 Die Browning (Heinz Lüders)
1910 Das Naturdenkmal Die sieben Steinhäuser
1910 Erntebier im blauen Himmel (Kapitelauszug aus Das zweite Gesicht)
1910 Im Schneekrug (Kapitelauszug aus Das zweite Gesicht)
1911 Unter dem Schornsteinkleid
1912 Landregen
1913 Der Monarch
1913 Kiepenklaus
1913 Rosenwillem
1913 Die alte Schänke
1914 Lehrer Eggerding (Das Schulhaus)
1914 Jan
Hermann Löns und die niedersächsische Bier- und Wirtshauskultur um 1900
Bibliographie
Aktualisiert: 2021-04-08
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Kaum ein anderer dürfte um 1900 innerhalb von 20 Jahren in Niedersachsen so zahlreiche Gaststätten aufgesucht haben wie Hermann Löns (1866 - 1914), der hier entweder berufsbedingt als Journalist und Schriftsteller recherchierte oder bei seinen unzähligen Jagd- und Angelausflügen sowie Radtouren übernachtete.
Als wahrheitsliebender Chronist schilderte er in Essays und Novellen die gemütlichen aber auch die negativen Seiten vor allem des ländlichen Wirtshauslebens im Dorfkrug, dem sozialen Mittelpunkt des Dorfes, oder in den für den beginnenden Fahrrad- und Wandertourismus ausgebauten Landgasthöfen.
Schon vor mehr als 100 Jahren warnte Löns sogar vor dem Verlust tradierter bierkultureller Werte, dem Ende des „alturgemütlichen Kneipenlebens“ und dem Desinteresse der Jugend daran. Er forderte den Erhalt von Traditionsgaststätten in ihrer ursprünglichen Gestalt und warb für die heimischen, niedersächsischen und westfälischen Biere wie das Alt, das Broyhan, das Einbecker (Bockbier), die Hannöversche Lüttje Lage und das Söt (warmes Süßbier), die er allesamt über das Münchner und Pilsener stellte.
Er persiflierte die Biersteuer, Biertouristen, die aus Bayern importierten „Biermamsells“ und einen Hannöverschen „Bierkriegfrieden“ zwischen Biertrinkern, Brauereien und Wirten und formulierte humorvolle Benimmregeln für den Besuch von Bierfesten und wandte sich in Waldwirtschaften gegen "alkoholistisches Biergeheul".
Seine Bier- und Wirtshausgeschichten von 1894 - 1914 und die Gaststättenberichte aus seinen Städteessays ergeben so ein beeindruckendes und umfassendes Bild der niedersächsischen Bier- und Gasthauskultur um 1900 vom Harz bis ins Ammerland, von Osnabrück, Einbeck, Hannover und Celle bis in die Lüneburger Heide, die Löns stets bierlaunig mit viel Humor, Tragikomik und Lebensweisheit geschildert hat.
Löns, dessen Vater in Bochum-Riemke geboren war und dessen Familie im angrenzenden Herne-Eickel im östlichen Ruhrgebiet selbst mehr als 200 Jahre den Gasthof "Löns-Mühle" seit 1736 führte, ist in seiner Münsterschen Studentenzeit durch Professor Hermann Landois, der sich gerne mit einer Bierflasche „krönte“, zum Alkohol gekommen, trank in der "Stadt der reinen Gemütlichkeit" am liebsten aus dem „Bullenkopp“ und sah der „Altbier-Prüfungskommission“ zu. In Göttingen war er Mitglied des berüchtigten studentischen „Klub der Bewußtlosen“, der den „Teufelsleck“ bevorzugte.
Löns selbst hatte zeit seines Lebens ein zeitlich stets differenziertes Verhältnis zum Alkohol und zu Kneipenbesuchen. So konnte er jahrelang abstinent sein und trank selbst im Wirtshaus dann nur Kaffee und Selterswasser. Anderseits schätze er seinen Stammtisch in Hannover und genoss gerne Warm- und Dünnbier in einer gemütlich-geselligen Gasthausatmosphäre, aber er trank in depressiven Lebensphasen in Bückeburg und Wiesbaden auch so viel, dass er manchmal tagelang arbeitsunfähig war und dadurch seinen Job verlor.
Unter seinem zeitweiligen übermäßigen Alkoholkonsum hat Löns selbst am meisten gelitten, sodass er die Warnung davor auch in seinen ersten beiden Romanen 1909 sowie einigen Novellen und sogar Gedichten eindrucksvoll belletristisch umgesetzt hat.
So hatte er ebenfalls schon richtig erkannt: „Es gibt überhaupt nichts, was im Übermaß nicht schädlich wäre. Alkoholismus ist eine Krankheit, weiter nichts, Symptom einer Willensschwäche, Mangel an Hemmungen.“
Auch mit seinem alkoholischen Lebensfazit „Das Kneipensitzen macht nur faul, dumm und krank“ hat Löns schon vor 100 Jahren ein aktuelles Trinkmotto vorweggenommen: "Bier bewusst genießen!"
Inhalt :
Hermann Löns – Chronist der niedersächsischen Bier- und Wirtshauskultur um 1900
Löns als Bierstudent in Greifswald und Göttingen
Hermann Löns in den Altbierküchen von Münster, der "Stadt der reinen Gemütlichkeit" um 1890
Löns´ Gasthauserlebnisse 1903 im Salzburger Land
Das Einbecker
Alturgemütliches Osnabrück
Hannöversches: Biersteuer, Bierkrieg & die Lüttje Lage
Niedersächsische Wirtshäuser um 1900
Löns´ Alkoholabsturz in Bückeburg 1909
Wirtshauslyrik
Löns als "Dichter der Heideschenken" 1905 - 1913
Hermann Löns als Anti…
Von Hermann Löns häufig besuchte Gaststätten
Literatur
Aktualisiert: 2021-06-24
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