Studien zum Werdegang wissenschaftlicher Institutionen sind nicht so häufig, als dass nicht jeder Beitrag Aufmerksamkeit verdiente. Th. Hapke wählte die Herausbildung der Zeitschrift für Physikalische Chemie und deren Bedeutung für den Institutionalisierungsprozess der Disziplin zum Gegenstand seiner Untersuchung. Er beginnt mit medientheoretischen Überlegungen, führt eine Definition des Begriffs einer Zeitschrift ein und erörtert sie anhand der Funktion chemischer Zeitschriften im 19. Jahrhundert. Sodann folgt die unmittelbare Gründungsgeschichte eines zentralen Kommunikationsmediums für Physikalische Chemie. Der Reifegrad des Fakten-, Methoden- und Theorienfundus des jungen Fachgebietes, wie er sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts darstellte, erforderte dringend ein spezialisiertes Publikations- und Diskussionsforum. Allein die zeitliche Parallelität der Aktivitäten sowohl von Isidor Traube als auch von Wilhelm Ostwald zur Gründung einer physikalisch-chemischen Zeitschrift indizierte den aktuellen Bedarf. Die Unternehmung Ostwalds, mit organisatorischem Geschick und taktischem Spürsinn vorbereitet, trug den Sieg davon: Am 15. Februar 1887 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift für Physikalische Chemie, Stöchiometrie und Verwandtschaftslehre. Als Herausgeber fungierten W. Ostwald und J. H. van't Hoff; ihnen zur Seite stand ein internationales Editorengremium, das faktisch die Elite des neuen Fachgebietes repräsentierte. In der sich rasch erweiternden Science Community der Physikocherniker spielte die Zeitschrift eine stabilisierende Rolle, allerdings erfolgte im Jahre 1928 auf Grund disziplinärer Divergenzen in der Entwicklung von Physikalischer Chemie und Chemischer Physik eine weitere Spezialisierung.
Trotz quantitativer Einschränkungen während des 1. Weltkrieges und 5-jähriger Unterbrechung des Erscheinens während des 2. Weltkrieges erhielt dieses Kommunikationsmedium seine Lebensfähigkeit bis heute; als Folge der Teilung Deutschland wurde es seit 1954 gar durch zwei Redaktionen vertreten.
Die Würdigung Ostwalds und einiger seiner besonderen Intentionen, die das Profil der Zeitschrift beeinflussten - so etwa die wissenschafts-historischen Interessen; nehmen beträchtlichen Raum ein. Der Autor untersetzte sie mit einer Reihe von Archivrecherchen. Die Darstellung der Beziehungen zum Verlagshaus W. Engelmann lässt das Projekt der Zeitschrift für Physikalische Chemie auch im Umkreis kommerzieller Interessen erscheinen und veranschaulicht, welche Bedeutung Risikobereitschaft und Wissenschaftsverständnis eines Verlegers für die publizistische Institutionalisierung einer Disziplin haben.
Die weitere Entwicklung der Zeitschrift und deren nicht komplikationslose Wege werden bis zur Gegenwart verfolgt und zusätzlich durch Tabellen und Statistiken illustriert. Am Schluss konnte der Autor bereits die Vorausschau auf eine künftige Zusammenführung der beiden seit 1954 nebeneinander erscheinenden Ausgaben der Zeitschrift wagen.
R. Zott (Berlin)
Aktualisiert: 2019-01-08
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