DAS VIERZIGSTE JAHRBUCH mit seiner runden Jahreszahl weist auf eine beeindruckende Präsenz von Forschungsergebnissen zu dem Autor Karl May (1842–1912) hin. Mays Persönlichkeit, sein Lebensweg und sein literarisches Werk bilden eine vielfach verwobene Einheit. Einige Glücksmomente in Karl Mays Leben sind dem Jahrbuch vorangestellt, Fotos eines Gartenfestes des Jahres 1897, die Hans-Dieter Steinmetz kenntnisreich kommentiert. Klaus Eggers erforscht das Schicksal von Karl Mays ›Buch der Liebe‹, das schon zu Lebzeiten Mays vergessen war, aber fast programmatisch Auskunft gibt über Mays Wertehierarchie. Willi Vocke analysiert die Trilogie ›Satan und Ischariot‹. Sie gehört zu Mays großen Abenteuerromanen, enthält Elemente der Kolportage und steht in der Tradition des romantischen Romans à la E. T. A. Hoffmann. Die Geschichte des Turms von Babel ist einer der großen Mythen über menschliche Hybris und wurde für Karl May zu einem literarischen Topos (›Von Bagdad nach Stambul‹, ›Im Reiche des silbernen Löwen‹, ›Babel und Bibel‹). Rudi Schweikert und Helmut Lieblang sichten in ihren Quellenstudien Mays Vorlagen und die Schaffenspraxis des Reiseerzählers May. Eine gute Ergänzung ist Wolfgang Sämmers Dokumentation der zeitgenössischen Kritik zu dem Drama ›Babel und Bibel‹. So vernichtend, wie oft gesagt wird, waren die Beurteilungen seinerzeit nicht. Barbara Drucker bietet Überlegungen (›Intertextualität im Zeichen der Germanisierung‹) zur Winnetou-Figur. Ihr Ergebnis ist die radikale (und Widerspruch provozierende) Aussage, dass Karl May Winnetou zu einem Deutschen umerzogen und mit dieser Germanisierung mehr Erfolg gehabt habe, als es je die amerikanische Assimilierungspolitik vermochte. Karl May und Theodor Fontane, die heute noch Vielgelesenen, und Paul Heyse, der einst als ›Dichterfürst‹ Verehrte, entwickelten, wie der Beitrag von Jochen Strobel darlegt, überraschend ähnliche Strategien im Umgang mit der Massenpresse und der Fotografie. Karl Mays Verhältnis zu Politik und Religion wird von Hagen Schäfer untersucht, der sich auch Mays fiktivem Idealstaat Dschinnistan zuwendet und Parallelen zu dem von Augustinus entworfenen Gottesstaat, der Civitas Dei, sieht. Die Karl-May-Verfilmungen der 1960er-Jahre, künstlerisch oft nicht einmal von Mittelmaß, sind doch auch Rezeptionsformen von Literatur. Der Essay von Wolfgang Jacobsen verortet sie in die Situation des gesellschaftlichen Umbruchs im Nachkriegsdeutschland. Die fundierte Arbeit von Alfred Messerli über die Rezeption Mays in der Schweiz gibt umfassende Einblicke in den Schweizer Karl-May-Diskurs. Das Jahrbuch enthält auch Berichte zu den momentanen Aktivitäten um Karl May und sein Werk.
Aktualisiert: 2022-10-25
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Mein Leben und Streben und andere Selbstdarstellungen von Karl May
Selbstbiographie (1910) / Selbstdarstellungen (1896-1911)
Als Textvorlage der zusammenhängenden Texte dieses Sammelbandes dienen die jeweils den May’schen Manuskripten vermutlich am nächsten stehenden Fassungen, in drei Fällen konnte sogar direkt auf die Manuskriptfassungen zurückgegriffen werden. Im Falle der Lexikoneinträge werden, abweichend von
der sonstigen Praxis in der HKA, sämtliche Fassungen abgedruckt.
504 Seiten, Halbleinen-Band mit Lesebändchen, Buntpapierbezug und Silberprägung
Im Zentrum dieses Bandes steht die Selbstbiographie Karl Mays. Darüber hinaus enthält er alle von May zu seiner Person verfassten und für die Veröffentlichung zu Lebzeiten bestimmten Selbstdarstellungen – so z. B. die mit einem Augenzwinkern vorgetragenen „Freuden und Leiden eines Vielgelesenen“, die als Vorläufer der Selbstbiographie zu betrachtende kurze Bekenntnisschrift „Meine Beichte“, die in diversen Zeitungen erschienenen Reisebriefe von der Orientreise und auch diverse von May verfasste Einträge und Beiträge in Personenlexika. Insgesamt bietet der Band somit eine Gesamtschau des Bildes, das Karl May der zeitgenössischen Leserschaft von sich selbst vermitteln wollte.
Aktualisiert: 2020-11-02
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Karl May (1842–1912), dem großen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, hat das Deutsche Historische Museum zu Berlin eine Ausstellung gewidmet. Gleichzeitig fand der Berliner Kongress der Karl-May-Gesellschaft statt. Aus diesem Kongress ist das neue Jahrbuch entstanden. Peter J. Brenner untersucht die kulturgeschichtliche Brisanz und die originellen Erzählstrategien in Mays Balkan-Reiseberichten („Durch das Land der Skipetaren“), Manfred König behandelt das variationsreiche Motiv der Rache bei May und Dietrich Grünewald deutet die suggestive Kraft der Buchillustrationen. Eine sozialgeschichtliche und biografische Studie von Andreas Graf beschreibt die „wilde Lektüre“, mit der May aufgewachsen ist und zu der er sich noch im Alter, mit Vorbehalt freilich, bekannt hat: die Bestände der Leihbibliothek seiner Heimatstadt. Renate Stolte-Batta, die Anfänge der May-Forschung vor Augen, behandelt die Tradition der wissenschaftlichen Volkskunde an der Universität Jena. Weitere Themen sind etwa der Vorsehungsgedanke bei May, sein Indianerbild und der Kolonialismus zu Mays Zeiten. Mays poetische Welten sind auch für den heutigen Leser faszinierend. Die spannend-fantasievollen und aussagekräftigen Konflikte in seinem Werk fordern auch im 21. Jahrhundert zu Deutungen auf.
Aktualisiert: 2022-10-25
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