Der Autor Uwe Timm stellte anlässlich der Tübinger Poetik-Dozentur das Thema des Würth-Literaturpreises 2019: Am Grab von Joseph Brodsky. Der 30. Band der Reihe zum Würth-Literaturpreis versammelt Texte aus dem Wettbewerb – in seinem Vorwort beschreibt Timm, wie er selbst als »Friedhofsgänger« die Gräber berühmter Kollegen besucht. »Mein Interesse richtet sich besonders auf die Gräber der Kollegen. Also der Dichter und Schriftsteller, die ich gelesen habe, die für mich von Bedeutung waren, deren Gedichte, deren Geschichten, deren Sprache mich begleiten, – sie zu besuchen, ist ein Akt der Würdigung, der Solidarität des Lebenden mit den Toten. Ich habe viele Gräber besucht und zuweilen waren damit besondere, dem Zufall geschuldete Erlebnisse verbunden. Wahrscheinlich gibt es eine Korrespondenz zwischen dem Toten und seinen Besuchern.«
Diese Anthologie enthält neben den beiden Siegertexten Rakete Schmidt von Sven Amtsberg (1. Preis) und Borschtsch in Venedig (2. Preis) von Silke Andrea Schuemmer das Vorwort von Uwe Timm sowie weitere elf herausragende Texte aus dem Wettbewerb, die einen breiten Querschnitt der eingereichten Manuskripte abbilden.
Aktualisiert: 2020-07-12
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Ein Ingenieur, der in einem leeren Fabrikgebäude haust
und dem Geist eines toten Kollegen begegnet.
Eine Frau, die ihr jüngeres Selbst von Bord einer
Kanalfähre wirft. Ein Wissenschaftler, dem
ein ausgestorbener Vogel erscheint.
Ein Handlungsreisender, der an sein dunkelstes
Geheimnis erinnert wird. Ein junger Mann, der auf einem
stillgelegten Spielplatz ein kleines Mädchen beobachtet.
Anke Laufers 21 Stories – jede für sich ein kleines Universum – handeln von Liebe, Tod und dem Einbruch des Unergründlichen und Verstörenden in den Alltag. Atmosphärisch dicht und ungeheuer spannend sind diese Geschichten, ob sie den Leser in ein englisches Seebad entführen, in ein süddeutsches Dorf, in die Straßen von Madrid oder in eine fiktive südamerikanische Großstadt, ob sie aus der scheinbar wohlvertrauten Gegenwart berichten oder uns die gar nicht so weit entfernte, deshalb aber umso unheimlicher erscheinende Zukunft vor Augen führen.
Aus der klaren und präzisen Sprache dieser Autorin schlägt kaltes Feuer: Ihre Stories sind voller Abgründe, Unterströmungen und Andeutungen, die weit über das tatsächlich Erzählte hinausweisen. Vielleicht wahren sie ja gerade deshalb am Ende ihr Geheimnis, das im Leser mit Sicherheit lange nachklingen wird.
„Es gelingt Anke Laufer auf wenigen Seite den Schuldzusammenhang alles Lebendigen vor uns erstehen zu lassen und eine Welt zu gestalten, die wir sehen und hören, riechen und schmecken können, in der kein Wort zuviel ist und ein jegliches am richtigen Ort.“
Manfred Papst, Ressortleiter Kultur, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag.
Aktualisiert: 2022-03-03
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Der mit 25.000 Euro dotierte Würth-Preis für Europäische Literatur wurde
1997 auf Initiative von Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth, dem heutigen
Vorsitzenden des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe, ins Leben gerufen
und bis 2013/14 alle zwei Jahre von der Adolf Würth GmbH & Co. KG gestiftet.
Seit 2015/16 wird er von der Stiftung Würth vergeben.
Der Preis wird an Persönlichkeiten verliehen, die im Schnittpunkt unterschiedlicher
Kulturen arbeiten, sich mit europäischen Kulturtraditionen auseinandersetzen oder sich Problemen widmen, die in ihrem Land durch europäische
Einflüsse entstanden sind. Damit werden Autoren und Autorinnen ausgezeichnet,
deren Werk und Leben Reflektion dieser besonderen Kulturerfahrungen sind.
Im Hinblick auf den besonderen Satzungszweck, »den Blick auf ein Europa
der kulturellen Vielfalt zu richten«, wurden bislang Hermann Lenz (1998),
Claudio Magris (2000), Claude Vigée (2002), Harald Hartung (2004), Herta
Müller (2006), Peter Turrini (2008), Ilija Trojanow (2010), Hanna Krall (2012),
Péter Nádas (2014) und Peter Handke (2016) mit diesem Preis ausgezeichnet.
Der Jury unter dem Vorsitz von Harald Unkelbach gehören Anna Maria Carpi,
Harald Hartung, Sigrid Löffler, Péter Nádas, Denis Scheck, Jürgen Wertheimer
und jeweils der vorige Preisträger (Peter Handke, 2016) an.
Der Band vereint die Reden von Harald Unkelbach, Theresia Bauer, Günther H. Oettinger, Sigrid Löffler, Claus Peymann, Reinhold Würth und Christoph Ransmayr mit seinem aktuellen Text „Mädchen im gelben Kleid“
Aktualisiert: 2023-02-24
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Der vorliegende Band enthält die Vorlesungen der Tübinger Poetik-Dozentur 2017, die unter dem Titel »Poetics of Crime – Die Poetik der Kriminalliteratur« stand. Kriminalroman, Detektivgeschichte, Roman Noir und Thriller galten lange als Trivialliteratur. Dabei rechtfertigen weder die Literaturgeschichte noch die gegenwärtige Literaturlandschaft ein solches Urteil. Eine ›Poetik‹ der Kriminalgeschichte kann bis in die griechischen Mythen – bis zu Hermes, dem Dieb, und Ödipus, dem Mörder, zu Medea und Herakles, bis in die biblischen Geschichten von Kain und Abel, Joseph und seinen Brüdern, Lot und Judas hinein verfolgt werden. Diebstahl, Mord, Entführung und Vergewaltigung bilden die Plots von Mythen und ihren Variationen. Dabei geht es um die Zerstörung von Ordnung, ihre Wiederherstellung, um Familienzwist, um Landnahme und Betrug, Entführung, Erpressung und immer wieder um Mord. Es geht um die Konkurrenz verschiedener Ordnungssysteme, um Macht, Machterhalt und deren Legitimität.
Mit Friedrich Ani, Arne Dahl, Håkan Nesser und Wolfgang Schorlau waren 2017 vier renommierte Vertreter der modernen Kriminalliteratur Gäste der Tübinger Poetik-Dozentur, die in ihren in diesem Band abgedruckten Vorlesungen Einblick in ihre Poetik und das eigene Schreiben geben.
Aktualisiert: 2020-11-26
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Der 29. Band der Reihe zum Würth-Literaturpreis versammelt Texte aus dem Wettbewerb unter dem von Håkan Nesser gestellten Thema Ein gelber Schuh. In seinem Vorwort setzt der weltberühmte Kriminalautor das Thema unter dem Titel Abweichung selbst in eine Geschichte um. »Es überkam sie ein plötzliches Schwindelgefühl, das nichts mit der Hitze zu tun hatte. Schloss für ein paar Sekunden die Augen und als sie sie wieder öffnete, merkte sie, dass das Mädchen sie betrachtete und etwas Gelbes in der Hand hielt. – Sie schaute herab und sah, dass es ein Schuh war. Ein kleiner, gelber Kinderschuh. Woher sie den hatte, war schwer zu sagen, aber vielleicht hatte sie den unter ihrem Kleid versteckt gehabt. Auf jeden Fall hatte sie die Puppe auf dem Boden abgelegt und stand nun da und reichte ihr einen gelben Kinderschuh, von der Größe her wohl für ein drei- oder vierjähriges Kind.«
Diese Anthologie enthält neben den beiden Siegertexten Schon gut von Carola Gruber (1. Preis) sowie Der Ausländer (2. Preis) von Yael Inokai weitere zwölf Texte aus dem Wettbewerb, die sich auf ihre jeweils ganz eigene Art mit dem Preisthema auseinandersetzen und einen breiten Querschnitt der eingereichten Texte geben.
Aktualisiert: 2018-11-01
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Dieser Band versammelt Siri Hustvedts Vorlesung Falsch gewählt oder
Plädoyer für Narrativität und ihre Rede Rückkehr an Orte, an denen
ich noch nie gewesen bin – zur Poetik Hölderlins, die beide im Rahmen
des 20jährigen Jubiläums der Tübinger Poetik-Dozentur 2016 entstanden
sind. Sie bieten einen direkten Einblick in die Gedankenwelt
der international anerkannten Autorin und Intellektuellen und hinterfragen
die Trennung von Natur und Kultur, Technik und Mensch, Kunst
und Wissenschaft.
Ergänzt werden beide Texte durch ein Gespräch mit dem Neurophysiologen
Vittorio Gallese zum Thema Neurowissenschaften und Literatur.
In weit über die Grenzen seines Fachs hinausreichenden Kooperationen
hat sich der Neurowissenschaftler immer wieder mit der
Frage auseinandergesetzt, wie Denken und Kunst, Realität und Fiktion
zusammenhängen und wurde dabei zum Gründungsvater der ›Neuroästhetik‹.
Dieses Interesse an den Schnittstellen von Kunst und Wissenschaft
verbindet Hustvedt mit Gallese.
Außerdem findet sich in diesem Band die Jubelrede zu 20 Jahren Tübinger
Poetik-Vorlesungen von Raoul Schrott, die einen humorigen
Überblick über das Format ›Poetik-Vorlesungen‹ gibt.
Aktualisiert: 2018-07-19
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Der 28. Band zum Würth-Literaturpreis 2017 versammelt Texte aus
dem Wettbewerb unter dem von Siri Hustvedt gestellten Thema
After I met you, I saw myself as another. In ihrem Vorwort beschreibt
die Autorin, was das Thema für sie bedeutet: »Als ich dich traf, sah
ich mich als einen Anderen. Was meint dieser seltsame Satz? Er
bedeutet vieles, ist aber nicht völlig offen. Da ist eine ›Ich‹-Person,
ein Erzähler oder eine Erzählerin und eine ›Du‹-Person, die Person,
mit der der Erzähler oder die Erzählerin spricht. Wir wissen, dass sich
das ›Ich‹ und das ›Du‹ in der Vergangenheit begegnet sind und wir
wissen, dass diese Begegnung auf irgendeine Weise dazu geführt
hat, dass sich der Erzähler oder die Erzählerin als eine andere Person
empfindet. Das Treffen führte zu einer Entfremdung im Inneren des
Erzählers oder der Erzählerin, durch die er oder sie sich selbst fremd
wurde. Wie das passiert, teilt der Satz nicht mit. Wir wissen nicht, wer
die Personen sind, welche Art von Begegnung sie erlebt haben, wie
lange sie dauerte oder wo sie stattfand.«
Diese Anthologie enthält neben den beiden Siegertexten
Trockenschwimmen von Stefan Petermann (1. Preis) sowie Die
Vermessung des Abstandes der Gehwegplatten (2. Preis) von Synke
Köhler zwölf weitere Texte aus dem Wettbewerb, die sich auf ihre
jeweils ganz eigene Art mit dem Preisthema auseinandersetzen und
einen breiten Querschnitt der eingereichten Texte geben.
Aktualisiert: 2018-09-17
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Broschüre zum Festakt in der Unsiversität Tübingen. 20 Jahre Tübinger Poetik Dozentur und Würth Literaturpreis. Mit Grußworten von Prof. Reinhold Würth, Prof. Bernd Engler und Prof. Dorothee Kimmich.
Aktualisiert: 2018-07-18
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Der 27. Band zum Würth-Literaturpreis 2016 versammelte Texte aus dem Wettbewerb unter dem von Kathrin Passig und Clemens Setz gestellten Thema Kurz-Info Schränkung und Blattstärke. Beide beschreiben in ihrem gemeinsam online geschriebenen Vorwort, was ihnen zum Thema einfällt. „Prosaschreiben wird gern mit Langstreckenlauf, Gärtnern und ähnlichen Dingen verglichen. Wir könnten hier daher leicht billige Parallelen von Schreiben und Sägen behaupten, beides ist eine Arbeit für Geduldige. Aber wie Politik nicht vom Erzeugen von Löchern handelt, geht es auch beim Schreiben selten darum, aus einem Teil zwei zu machen (es sei denn, der Verlag verlangt das aus wirtschaftlichen Gründen). Was einmal durchgesägt ist, lässt sich nicht spurlos wieder zusammenfügen. Das ist beim Schreiben anders als in der Schreinerei, jedenfalls seit der Einführung von Textverarbeitungssystemen. Schreiben ist, wenn überhaupt, wie vorsichtiges Sägen auf der atomaren Ebene, auf der sich alles Zerteilte bereitwillig wieder vereinigt. Oder wie ein harmloser Gruselfilm für Molche: Das Bein wächst ja wieder nach.“
Diese Anthologie enthält neben den drei Siegertexten Fuge Null und andere Einrichtungsideen von Kai Metzger (1. Preis), Sägebild und Seelenbild von Stefan Hkabermann (2. Preis) und Säge, Wald und Untergang von Klaus Gottheiner (3. Preis) elf weitere Texte aus dem Wettbewerb, die sich auf ihre jeweils ganz eigene Art mit dem Preisthema auseinandersetzen und einen breiten Querschnitt der eingereichten Texte liefern.
Aktualisiert: 2018-07-18
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Die vorliegende Anthologie zum Würth-Literaturpreis 2012 zu dem Preis-Thema 'Es gibt eine Zeit der Sehnsucht, wo ihr Gegenstand noch keinen Namen trägt.', das Brigitte Kronauer im Anschluß an die Tübinger Poetik-Dozentur 2011 gestellt hatte, enthält die Siegertexte Liebe auf israelisch von Maxim Biller (1. Preis) sowie Tanz der Zuckerfee von Ursula Wiegele (2.Preis). Darüber hinaus sind ein Vorwort von Brigitte Kronauer sowie zwölf weitere herausragende Texte aus dem Wettbewerb enthalten.
Das Thema des Würth-Literaturpreises ist ein Zitat von Jean Paul aus der Selberlebensbeschreibung, im Vorwort zu dieser Anthologie beschreibt Brigitte Kronauer, was dieser Satz für sie bedeutet. Mit Bezug zu Jean Paul schreibt sie: 'Die noch gegenstandslose Sehnsucht, von der im Wettbewerbsthema die Rede ist, mußte als das nicht nur entdeckt, sie mußte in dieser Formulierung auch erst erschaffen werden. Hier steht eben nicht eine jener bequemen verbalen Badewannen bereit, in die man seine diversen Zuständlichkeiten reinplatschen und zum Klischee verunstalten läßt. Hier wird, im Gegenteil, etwas bisher als Sprache noch nicht Aufgetauchtes und daher nur tastend Erahntes ans Licht gehoben, das nun allerdings wie schon immer gewußt und vom Gehirn parat gehalten erscheint.' –
Aktualisiert: 2018-07-11
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Mit dem verblüffenden Thema "Der Kuttelkompromiß" hat Péter Esterházy als Tübinger Poetikdozent die Teilnehmer des 18. Würth Literaturwettbewerbs zu Tisch geladen. In der Anthologie sind 14 Erzählugen, die sich mit der Thematik beschäftigen, abgedruckt. Mit einem Vorwort von Péter Esterházy über sein Leben mit Kutteln.
Aktualisiert: 2017-04-13
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Der vorliegende Band (herausgegeben von Dorothee Kimmich und Philipp A. Ostrowicz) enthält die Vorlesungen zur Tübinger Poetik-Dozentur 2011 von Brigitte Kronauer und Otto A. Böhmer zum Thema: Wirkliches Leben und Literatur. Brigitte Kronauer beantwortet in ihren Poetikvorlesungen nicht die Frage, wozu Literatur dient, auch nicht die, welche Funktion Literatur haben kann oder soll. Vielmehr ist die Frage, wieso man Literatur braucht. Eigentlich braucht man Licht und Luft, Essen und Trinken, Schlaf und Bewegung. Literatur braucht vielleicht der Literaturwissenschaftler, alle anderen 'brauchen' sie nicht – könnte man meinen.
Was schließlich würde man versäumen oder verpassen, wenn es keine Literatur gäbe? Schöne Geschichten, träumerische Phantasien, Reisen in fremde, in unbekannte, in irreale Welten? Die Antwort von Kronauer lautet anders: Wer nicht liest, versäumt die Wirklichkeit. Wer nicht liest, verpasst die reale Realität; nicht deshalb, weil Literatur die Wirklichkeit verschönert, verklärt oder poetisiert. Offenbar macht sie die Wirklichkeit erst wahrnehmbar. Die Wahrnehmung von Wirklichkeit ist eine Fähigkeit, die weder rein rational etwas wie einen Erkenntnisprozess darstellt noch eine rein intuitive, unbegriffliche oder vorbegriffliche Operation. Literatur bewegt sich in und zwischen beidem.
Otto A. Böhmers Vorlesung thematisiert die „Philosophie des Vormittages“, wie es bei Friedrich Nietzsche in „Menschliches, Allzumenschliches“ heißt, ausgehend vom „schönen Schein“ und steht in einem Dialog mit den Texten Brigitte Kronauers. Böhmer verfolgt Nietzsches Konzept mit Rückgriff auf die Theorie des „schönen Scheins“ bei Hegel und Platon über Eichendorff hin zu Rilke und Musil.
Aktualisiert: 2018-07-11
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Die Tübinger Poetik-Vorlesungen von Juli Zeh und Georg M. Oswald, die hier unter dem Titel Aufgedrängte Bereicherung vorliegen, sind kritische Texte. Sie sind kritisch dem gegenüber, was eine Poetik-Vorlesung sein kann und soll; und sie bewerten das, was sie selbst leisten können, umsichtig, aber kritisch. Juli Zeh und Georg M. Oswald sind beide Juristen und sie sind daher geschulte Hermeneuten, sie sind ausgebildete Leser, Interpreten und im griechischen Sinne des Wortes 'Hermeneutik' 'Deuter' von Gesetzestexten. Beide gehen in Ihren Vorlesungen also auch kritisch mit den möglichen Funktionen von Literatur um und erkennen nicht nur das Potential, sondern auch die Grenzen dessen, was Reflexion und Lektüre leisten können.
Poetik-Dozenturen sind Teil dessen, was wir als Gegenwartsliteratur bezeichnen. Dabei sind sie keine Kommentare zu literarischen Texten, keine wissenschaftlichen Untersuchungen, aber auch keine Kritiken oder Literaturgeschichten. Sie gehören nicht zum literarischen Diskurs selbst, das heißt sie sind selbst meist keine literarischen Texte. Aber sie gehören auch nicht zum wissenschaftlichen oder journalistischen Diskurs, der sich um die Gegenwartsliteratur herum organisiert. Sie sind spezielle Selbstaussagen der Autoren, die sich aber auch wiederum weder mit Interviews, Tagbuchnotizen oder Briefzitaten vergleichen lassen.
Aktualisiert: 2018-07-11
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Die Traumbilder des Schreibens führen Kiran Nagarkar und Christoph Peters in ihren Tübinger Vorlesungen auf die Wege der eigenen Arbeit als Autor und auf fliegende Teppiche.
In seiner ersten Vorlesung Clueless – Ahnungslos: Der Weg eines Gelegenheitsschriftstellers geht Nagarkar auf die Bedingungen der Entstehung seiner Texte ein. 'Einen Roman zu schreiben ist wie Drachen steigen lassen. Man kann den Drachen immer wieder in die gewünschte Richtung lenken, aber viel interessanter ist es, den Drachen dahin fliegen zu lassen, wo es ihn hinzieht, während man ihm gleichzeitig nachfolgt und ihn locker, aber bestimmt lenkt.' Er unterstreicht dabei aber in seiner zweiten Vorlesung Die Sprachenkonflikte in Indien dennoch die Funktion des Schriftstellers in politischen und kulturellen Auseinandersetzungen. Er selbst 'gehöre zu jener fragwürdigen und gefährdeten Spezies namens zweisprachige Autoren'. Mit seinem ersten Buch auf Marathi rief er große Irritationen im indischen, vom Englischen dominierten Literaturbetrieb hervor. Als er sich bei seinem zweiten Buch für die englische Sprache entschied, wurde er als ›Verräter‹ bezeichnet, der sich den Regeln des Marktes unterwerfe.
Die dritte Vorlesung beschwört jenseits dieser Konflikte das Bild eines Künstlers herauf, der sich – wie Shiva im indischen Mythos – der Welt zunächst ohne moralisches Urteil zuwendet: 'Gibt es ein besseres Glaubensbekenntnis für einen Künstler, als in sein Schaffen sowohl das Gute als auch das Schlechte, das Licht und die Finsternis […] aufzunehmen und dabei Menschlichkeit und Mitgefühl nicht zu verlieren?'
Christoph Peters beschäftigt sich in seiner Vorlesung Teppiche – Verkehrsmittel für den inneren Orient mit der Funktion von Teppichen – als Metapher, aber auch in ihrer konkreten Materialität – für sein Schreiben. Er stellt sich die Frage nach der Textur von Schreiben, nach dem Ort der Kultur, der Kontemplation und nach der Migration nicht nur von Menschen, sondern auch von Geschichten. 'Im Teppich wurden Theologien und Kosmologien ebenso formuliert wie subjektive Empfindungen und Traumbilder.'
Aktualisiert: 2017-04-13
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Are we feeling better now? Fiktion und Autobiografie: In diesem Band der Tübinger Poetik-Vorlesungen 2009 beleuchten die beiden us-amerikanischen Autoren Jonathan Franzen und Adam Haslett das Wechselspiel zwischen dem eigenen Leben und dem eigenen Schreiben.
Was verspricht man sich von einer Poetikvorlesung, die von jemandem gehalten wird, der selbst schreibt? Es geht um Wissen, das man nur durch Erfahrung und eigene Erlebnisse erhält und weitergeben kann. Zugleich sollen Poetikvorlesungen aber auch keine Wiederholungen der Texte sein, die man bereits gedruckt lesen kann in Form von Romanen, Gedichten oder Essays. Es soll also die biografisch gesättigte Reflexion auf eigenes Schreiben und Lesen zum Thema werden. Poetikvorlesungen thematisieren und problematisieren so immer wieder und aufs Neue die Funktion, die Wirkung und die Rolle des Autors. Dabei geht es gar nicht nur um die Rolle des Autors im Text, für den Text oder für das Textverständnis. Es geht auch um die Person des Autors, um seine Stimme, seine Geschichte, seine Präsenz und seine Wirkung. So ist die Frage nach dem Autobiografischen im Roman nicht nur eine literaturwissenschaftliche Spielerei, sondern eine Frage, die gerade der anwesende, sprechende und lesende Autor immer wieder hört.
'Ein Roman sollte, meiner Auffassung nach, ein persönlicher Kampf, eine unmittelbare und vollständige Beschäftigung des Autors mit seinem oder ihrem Leben sein. Diese Auffassung habe ich wieder von Kafka, einem Autor, der, obwohl er sich nie wirklich in ein Insekt verwandelt hat und in seinem Fleisch nie wirklich ein Stück Essen (ein Apfel vom Tisch der Familie!) hängen blieb und dort verrottete, sein ganzes Leben als Schriftsteller der Beschreibung seines persönlichen Konflikts mit seiner Familie, mit Frauen, mit moralischen Gesetzen, seinem Unbewussten, mit seiner Auffassung von Schuld und schließlich mit der modernen Welt widmete.' (Jonathan Franzen, Beschreibung eines Kampfes. Wie ich (meistens) daran scheitere zu schreiben)
'Ich glaube ganz fest an die Idee, dass Schriftsteller/-innen diejenigen Bücher schreiben, die sie selbst gerne lesen würden. Als Leser sehnte ich mich nach einer Anerkennung des Tumults, der in meinem Inneren herrschte, und einer Anerkennung des Schmerzes, den mir meine missglückten Versuche bereiteten, offen und ehrlich anderen Menschen zu begegnen.' (Adam Haslett, Literatur als Form der Wahrnehmung)
Jonathan Franzen wurde 1959 in der Nähe von Chicago geboren und wuchs in einer Vorstadt von St. Louis auf. Derzeit lebt er in New York. Er studierte am Swarthmore College in Pennsylvania, seine Begeisterung für die deutsche Sprache und Literatur führte den damaligen Studenten auch nach Berlin und München. 1988 veröffentlichte er seinen ersten Roman Die 27ste Stadt; vier Jahre darauf Schweres Beben. International bekannt wurde Franzen mit Die Korrekturen, die 2001 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurden.
Adam Haslett, Jahrgang 1970, studierte Literatur und Jura in Yale, Swarthmore und an der University of Iowa. Sein Debüt, eine Sammlung von Erzählungen mit dem Titel Das Gespenst der Liebe, erschien im Jahre 2002 und wurde 2006 mit dem PEN/Malamud-Award ausgezeichnet. Sein 2009 erschienener Roman Union Atlantic beschreibt die Finanzkrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Aktualisiert: 2018-07-11
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„Ausgehen.“ Das Thema des Würth-Literaturpreises 2008 hat der Autor Feridun Zaimoglu nach der letzten Vorlesung bekannt gegeben. Es scheint nahezuliegen: Der Ausgang der Vorlesungen fällt zusammen mit dem Ausgang seiner Geschichten. Ausgehen ist aber nicht nur der Schluß oder gar das Ende, das „Zur-Neige-Gehen“. Ausgehen ist eben oft auch der Anfang, der Beginn einer Liebes- und Lebensgeschichte.
„Ausgehen“ weist auf das Ende im Anfang und den Anfang als Ende hin. Das Thema besitzt somit eine erstaunliche Offenheit, wie die insgesamt vierzehn abgedruckten Beiträge dieser Anthologie beweisen. Nur wenige Texte setzen das Motiv des klassischen Liebes-Rituals um, es geht vielmehr auch um Ausgang aus dem Altenheim, das „Aus-Gehen“ des Lebens, den Spaziergang mit dem Hund, biblische („Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging“), und kulturell-religiöse („Geh aus, mein Herz, und suche Freud’“) Kontexte werden aufgerufen.
Aktualisiert: 2017-04-13
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Never Again – am letzten Tag der Tübinger Poetik-Dozentur hatte Kiran Nagarkar das Thema des Würth-Literaturpreises 2009 bekannt gegeben. Unter dem Eindruck der Terroranschläge in seiner Heimatstadt Bombay hatte er ein politisches Thema gewählt. Zur Ergänzung fügte er hinzu: 'Die Zukunft der Welt hängt davon ab, wie man den Ausspruch ›Nie wieder‹ betrachtet'.
Die Vielzahl der eingesandten Texten macht deutlich, wie virulent dieser Gedanke ist, die unterschiedlichen Themen der Texte zeigen aber auch, wie viele Bezüge dieser Ausspruch haben kann. Auch die vorliegende Anthologie spiegelt diese sehr verschiedenen Varianten wider. Sie handeln von privaten, politischen, von spektakulären oder alltäglichen, moralischen oder auch ganz unmoralischen Formen des 'Never Again'.
Dieser Band zum Würth-Literaturpreis enthält die beiden Siegertexte Nie wieder, Herr von Elo von Monika Radl (1. Preis) und Sein Name war Jonas von Hanna-Linn Hava (2. Preis) sowie 12 weitere herausragende Texte aus dem Wettbewerb.
Aktualisiert: 2017-04-13
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Am letzten Tag der Tübinger Poetik-Dozentur 2014 hatten Chika Unigwe und Priya Basil das Thema zum 26. Würth-Literaturpreis bekanntgegeben: In der Fremde zu Hause. In ihrem Vorwort zu diesem Band beschreibt Priya Basil, was das Thema für sie persönlich bedeutet: 'Mein Leben lang habe ich versucht – nicht immer erfolgreich –, mit dem Gegensatz von Zuhause und Fremde klarzukommen. Zunächst als heranwachsende Inderin in Kenia, dann in England und später in Deutschland. Auch meine engste Familie hat sich verstreut: Mein Vater und Bruder leben heute in Voi, nahe dem Tsavo-East-Nationalpark im Osten Kenias, meine Mutter lebt in London, meine Schwester in Australien. Es fällt mir schwer, auf die Frage 'Wo ist Zuhause?' eine Antwort zu finden. Ich vermute, sie liegt in genau diesem Status der ewigen Ausländerin. 'Das Wer zählt, nicht das Wo', sagte eine Freundin einmal und brachte damit eine weitere Definition von Zuhause auf, die mir gefällt.'
Diese Anthologie enthält neben den beiden Siegertexten Konstantin West und ich schauen uns eine Wohnung an, in die wir niemals einziehen werden von Katharina Hartwell (1. Preis) und Tatort von Doris-Anna Schilz (2. Preis) zwölf weitere herausragende Texte aus dem Wettbewerb, die sich auf ihre jeweils ganz eigene Art mit dem Preisthema auseinandersetzen und einen breiten Querschnitt der eingereichten Texte liefern.
Aktualisiert: 2018-07-13
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Aktualisiert: 2018-07-05
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Die Anthologie vereint die Texte der drei Preisträger Lothar Kittstein, Michaela Schröder und Christoph Steier sowie 13 weitere Arbeiten der Teilnehmer.
Aktualisiert: 2017-04-13
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