Die Schule in Hirschberg / Jedzbark

Die Schule in Hirschberg / Jedzbark von Karwatzki,  Beata Ela
Mehr als vierzig Jahre vergingen mittlerweile, seitdem ich als vierzehnjähriges Mädchen Beata Ela Karwacka mit meiner Familie Jedzbark verlassen hatte und mein Leben im Westen Deutschlands fortführte. Niemals hörte ich auf, das kleine ermländische Dorf zu lieben und es zu vermissen. Warmia ist nicht nur meine Heimat, sondern die all meiner Vorfahren. Mit zunehmendem Alter richtete sich mein Blick mehr und mehr auf das Vergangene; die Herkunft meiner Ahnen und die verworrene Historie Ermlands. Seit 2011 vergrub ich mich zeitweise für Wochen und Monate in Archiven auf der unaufhörlichen Suche nach Quellenmaterial und trug das, was ich fand, zu einer Abfassung zusammen, die ich „Jedzbark, meine erste Heimat“ nannte. Der vorliegende Text ist ein Auszug daraus. Da ich vornehmlich neben meiner beruflichen Tätigkeit als DaF-Dozentin an dem Buch schreibe, ist der Zeitpunkt seiner Veröffentlichung gegenwärtig nicht absehbar. So entstand die Idee, vorerst einen Part, der mir besonders am Herzen liegt, in Eigenregie drucken zu lassen. „Die Schule in Hirschberg/Jedzbark“ - die Chronik des Schulhauses von seiner Entstehung bis hin zur Schließung, inbegriffen der Biografien einiger seiner Lehrer, basiert auf fundierter, langjähriger Recherche von Fachliteratur und Quellenmaterial, aber auch auf subjektiven Erinnerungen von Menschen – Zeitzeugen, sowohl ehemaliger Einwohner, die im Zweiten Weltkrieg fliehen mussten oder in späteren Jahren emigrierten, als auch Personen, die in dem von Hirschberg zu Jedzbark umbenannten Dorf immer noch leben. Auskünfte sowie weiteres Material erlangte ich durch zahlreiche Treffen und Interviews in Deutschland und Polen mit Menschen, die mit der Schule verbunden waren und es emotional wie ich immer noch sind: mit Hirschbergern, die die Schule in den dreißiger Jahren besucht hatten wie Bruno Romanski oder Rudi Palm(owski), mit Winfried Pach, dem Sohn des im Krieg umgekommenen Lehrers Hans Pach oder Brigitte Payer, der Tochter des in Hirschberg bis 1945 lebenden Architekten Josef Kensbock, die mit ihrer Familie vor der russischen Armee im letzten Kriegswinter flüchtete. Über die Wiederaufnahme des Schulbetriebs nach Kriegsende und dessen weitere Entwicklung ab den fünfziger Jahren berichtete mir umfassend der einstige Lehrer und Schulleiter Kazimierz Kozłowski, ferner halfen mir Freunde, in vielen persönlichen Gesprächen, Mails und Telefonaten, mittels beigesteuerter Fotos oder gar Texte, die Geschichte Jedzbarks Schule aus der Schülerperspektive während der tristen und dennoch oft als besonders intensiv und erfüllend empfundenen PRL-Zeiten der sechziger und siebziger Jahre zu rekonstruieren. Vor allem aber halfen mir die Erinnerungen der mir am nächsten stehenden Personen: meiner Eltern, Christine und Paul Karwatzki, meiner Schwester Gabi sowie meines Onkels, Siegfried Koitka, die sich unermüdlich über Jahre immer wieder meinen Fragen stellten, Verwandte und Freunde kontaktierten und überall um mögliches Material für mich und diese Arbeit ersuchten – sie waren mir sowohl Quelle als auch Motivation. All denen, die mir bei der Anfertigung dieser Arbeit – in welcher Form auch immer – geholfen hatten, danke ich herzlich. Ich bitte gleichermaßen um Verständnis und Nachsicht, denn diese Schulchronik ist nicht vollständig; entgegen wiederholter Versuche, gelang es mir nicht vollends die letzten zwei Jahrzehnte der Schulgeschichte vor ihrer Schließung zu rekonstruieren, Jahre, die von vielfacher Übersiedlung in die Bundesrepublik, auch der meiner Familie, sowie einem regelrechten Wandel in Jedzbark geprägt waren. Die Arbeit beansprucht gewiss auch nicht, rein meritorisch und ausschließlich auf Wissenschaft fundiert zu sein, da die Abfassung auf der Grundlage von Erinnertem entstand und somit neben Tatsachen und Fakten auch subjektive, emotionale Aspekte beinhaltet; sie offenbart jedoch auf diese Weise die tiefe Verbundenheit der Berichtenden zum Ort Jedzbark und seiner Schulstätte, die im Jahr 2021 ihr zweihundertjähriges Bestehen feiern würde, wäre sie nicht geschlossen worden. Es war einmal eine Schule…
Aktualisiert: 2023-01-30
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