Die vorliegende Arbeit analysiert zum einen die ökonomischen Veränderungen auf Österreichs Landwirtschaftsbetrieben nach Umsetzung der GAP-Reform 2003. Zum anderen werden Modellrechnungen vorgestellt, welche die möglichen Auswirkungen folgender Politikoptionen im Rahmen des Health-Checks der EU thematisieren: Ausweitung der Milchquote, Erhöhung der Modulation, Aufhebung der Stillegung sowie Implementierung eines Regionalmodells. // Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wurde im Jahr 2003 grundlegend reformiert, ab dem Jahr 2008 sind Anpassungen der GAP im Rahmen des Health-Checks zu erwarten. Im Rahmen dieser Überprüfung der GAP-Reform 2003 durch die Europäische Kommission werden die Instrumente der GAP-Reform 2003, im Wesentlichen Entkoppelung, Modulation und Cross Compliance, evaluiert. Neben einer angestrebten Vereinfachung der Betriebsprämienregelung werden unter anderem die weitere Entkoppelung von Direktzahlungen sowie Kürzungen von Direktzahlungen im Rahmen der Modulation diskutiert.
Neben der Analyse der Auswirkungen der österreichischen Implementierung eines historischen, teilweise entkoppelten Betriebsprämienmodells soll untersucht werden, wie sich eine Implementierung des Regionalmodells (vollständig und teilweise entkoppelt) auf Betriebe mit bestimmten strukturellen Merkmalen und in bestimmten Regionen auswirkt. Allen Szenarien einer implementierten GAP-Reform wird neben dem derzeitigen Modulationsniveau von 5 % ein alternatives Modulationsniveau von 13 % gegenübergestellt. Folgende Szenarien werden untersucht: Das Basisszenario stellt eine durchschnittliche Situation vor der GAP-Reform 2003 dar. Mit dem Szenario "GAP-Reform, Betriebsprämienmodell" wird die österreichische Implementierung einer einheitlichen Betriebsprämie analysiert. Dem werden zwei alternative Szenarien im Rahmen des Health-Checks gegenübergestellt: Eine vollständig entkoppelte Regionalprämie und eine Regionalprämie mit gekoppelter Mutterkuhprämie. Als Methoden dienen eine schriftliche Befragung von Bauern und Bäuerinnen, Modellrechnungen auf der Grundlage eines Betriebs-optimierungsmodells sowie lineare Planungsmodelle auf der Basis von typischen Betrieben.
Schriftliche Befragung
Die schriftliche Befragung stützt sich auf die Antworten von 1.114 Bauern und Bäuerinnen aus Milchvieh-, Mutterkuh- und Marktfruchtbetrieben. Ein Ergebnis der Befragung brachte hervor, dass aus Sicht der Bauern und Bäuerinnen der bürokratische Aufwand durch die GAP-Reform 2003 weiter zunahm. Diese Wahrnehmung könnte auf mehrere Gründe zurückzuführen sein. Zum einen erfordert die Einführung der Auflagenbindung Cross-Compliance in vielen Betrieben noch Anpassungen, wie die Einschätzungen zu dieser Frage belegen. Zum anderen dürfte der markante Systemwechsel durch die Einführung der Zahlungsansprüche zusätzliche administrative Arbeiten ausgelöst haben. Bei Letzterem ist jedoch davon auszugehen, dass dieser Aufwand vor allem am Beginn der Reform zu Schwierigkeiten führte, der im Lauf der Zeit durch Erfahrungen damit deutlich verringert werden kann. Überraschend war die Einschätzung eines Großteils der Bauern und Bäuerinnen, dass sich das Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft als Folge der Reform verringert hätte. Diese Einschätzung lässt sich empirisch nicht belegen, da die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft in Österreich laut Grünem Bericht von 2005 auf 2006 im Schnitt um über 10 % stiegen. Nach Angaben der Bauern und Bäuerinnen hat sich durch die Änderungen der GAP-Reform der Dünge- und Pflanzenschutzmitteleinsatz und der Getreideanbau etwas verringert. Die Einschätzungen zur Entwicklung der Pachtpreise nach der GAP-Reform waren sehr uneinheitlich.
Die Bauern und Bäuerinnen wurden um ihre Einschätzungen zu möglichen Anpassungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik. Die Befragten mit Milchviehhaltung votierten mit großer Mehrheit für eine Verlängerung der Milchquotenregelung. Etwa ein Drittel der MutterkuhhalterInnen gaben an, ohne gekoppelte Mutterkuhprämie die Mutterkuhhaltung aufzugeben. Die große Mehrheit in den Marktfruchtbetrieben wollte auch nach einer neuerlichen Reform der EU-Zuckermarktordnung im Jahr 2008 ihre Zuckerquote behalten.
Modellrechnungen
Die Modellrechnungen weisen als maßgebliche Kennzahl für die betriebswirtschaftliche Bewertung der Politikoptionen den Gesamtdeckungsbeitrag aus, der bei sonst unveränderten Fixkosten als Indikator für Einkommensänderungen herangezogen wird. Wesentlich für die Interpretation der Ergebnisse ist der gewählte Zeitraum zur Festlegung der Produktpreise für die Situation vor (2002-2004) und nach der GAP-Reform (2005-Aug. 2007). Insbesondere in der Milchproduktion und im Marktfruchtbau beeinflusst der gewählte Zeitraum nach der GAP-Reform das Ergebnis im Vergleich zur Situation vor der Reform. Die Modellrechnungen evaluieren einerseits das Betriebsergebnis vor und nach der GAP-Reform und analysieren andererseits die Folgen von möglichen Maßnahmen im Rahmen des EU Health-Checks. Schwerpunktmäßig wird dabei auf die Umstellung des Betriebsprämienmodells auf ein Regionalmodell mit einheitlicher Flächenprämie eingegangen. Für die Auswirkungen der Änderung des Prämienmodells ist dabei wesentlich, wie die einheitliche Flächenprämie abgeleitet wird. In dieser Arbeit wurde sie nach Ackerland, normalertragfähigem Grünland und extensivem Grünland differenziert.
Betriebsoptimierungsmodell
Um die ökonomischen Auswirkungen der GAP-Reform 2003 für österreichische landwirtschaftliche Betriebe sowie alternative Betriebsprämienregelungen im Rahmen des Health-Check zu quantifizieren, wurde das Betriebsoptimierungsmodell FAMOS (SCHMID 2004) entsprechend adaptiert und modifiziert. Die Datenbasis bilden knapp 2.000 Betriebe aus dem Testbetriebsnetz freiwillig buchführender Betriebe. Die einzelbetrieblichen Daten wurden mithilfe von INVEKOS-Daten und Daten der Agrarstrukturerhebung 1999 ergänzt.
Das Modell maximiert den jährlichen betrieblichen Gesamtdeckungsbeitrag (GDB), der sich aus dem Betriebserlös aus der Pflanzen- und Tierproduktion, variablen Kosten der Produktion sowie aus Direktzahlungen (gekoppelte Zahlungen, ÖPUL-Zahlungen, Ausgleichszulage und Betriebsprämie) zusammensetzt. Die betrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten umfassen im Wesentlichen Landnutzungsarten, Kultur- und Tierarten, Management und Bewirtschaftung, sowie Förderungen.
Aus dem Basiszeitraum errechnen sich eine durchschnittliche Referenzfläche von 31,2 ha sowie Zahlungsansprüche von durchschnittlich 265,9 Euro/ha. Gegenüber dem Basisszenario ist der Mittelwert der GDB-Änderungen für alle Szenarien einer implementierten GAP-Reform positiv. Die höchste durchschnittliche Änderungsrate zeigt sich beim Modell einer vollständig entkoppelten Regionalprämie (+7,9 % gegenüber dem Basisszenario bei 5 % Modulation bzw. +7,2 % bei 13 % Modulation).
Durch die österreichische Implementierung einer einheitlichen Betriebsprämie (historisches Modell) steigen im Durchschnitt die einzelbetrieblichen GDB um 7,6 % (bzw. 6,9 % bei einer Modulation von 13 %) gegenüber dem Basisszenario. Einen starken Einfluss hat dabei die Einführung der Milchprämie, weshalb bei Futterbaubetrieben die durchschnittliche GDB-Steigerung gegenüber anderen Betriebsformen relativ hoch ist (+10,9 % bzw. +10,3 %). Auf einer regionalen Ebene zeigen sich relativ hohe durchschnittliche GDB-Steigerungsraten bei Betrieben im Berggebiet bzw. im Wald- und Mühlviertel; relativ niedrige GDB-Steigerungsraten betreffen Betriebe im Flachland bzw. im nordöstlichen Flach- und Hügelland.
Beim Vergleich zwischen dem von Österreich gewählten historischen Modell einer einheitlichen Betriebsprämie mit dem vollständig entkoppelten Regionalmodell zeigt sich, dass abgesehen von den Futterbaubetrieben (bzw. Betrieben mit Milchquoten) alle anderen Betriebsformen (bzw. Betriebe ohne Milchquoten) durch ein Regionalmodell im Durchschnitt besser gestellt sind. Während für Betriebe mittlerer Größe ein Regionalmodell im Durchschnitt keine GDB-Änderung bedeutet, so bedeutet das Regionalmodell für kleinere und größere Betriebe eine Steigerung des GDB. Im Gegensatz zu Betrieben im Berggebiet sind Betriebe im Flachland (vor allem im nordöstlichen Flach- und Hügelland) durch ein Regionalmodell besser gestellt.
Ein Regionalmodell mit gekoppelter Mutterkuhprämie bedeutet lediglich für Forstbetriebe, welche von einem Regionalmodell gegenüber dem historischen Modell profitieren, eine zusätzliche geringfügige Besserstellung. Auf einer regionalen Ebene bedeutet ein teilweise entkoppeltes Regionalmodell für Betriebe am Alpenostrand bzw. im Kärntner Becken eine geringfügige Besserstellung gegenüber einem vollständig entkoppelten Regionalmodell. Alle übrigen Hauptproduktionsgebiete bzw. Betriebe sind im Durchschnitt jedoch geringfügig schlechter gestellt.
Einzelbetriebliche Modellrechnungen
Die einzelbetrieblichen Modellrechnungen basieren auf dem Konzept der Typisierung von Betrieben, die eine einzelbetriebliche Analyse mit relativ hoher Allgemeingültigkeit erlaubt. Sie erlauben Aussagen für typische Betriebe einer Betriebsform, wenn eine ähnliche Faktorausstattung und Produktionstechnik in der Praxis vorherrscht. Nach diesen Berechnungen hat sich die Wirtschaftlichkeit in der österreichischen Landwirtschaft nach Umsetzung der GAP-Reform je nach untersuchtem Betriebstyp sehr unterschiedlich entwickelt, wobei nur ein gewisser Anteil auf die Maßnahmen der GAP-Reform zurückzuführen ist. Am positivsten zeigt sich die Entwicklung für Milch- und Stiermastbetriebe, die Verbesserungen in diesen beiden Betriebstypen wurden zum Teil durch Änderungen der GAP-Reform ausgelöst: Einführung der Milchprämie oder Preisanstieg bei Rindern durch die Verknappung des Angebots als Folge der Entkoppelung von Rinderprämien. Die Mutterkuhbetriebe profitierten kaum durch die GAP-Reform, sie mussten geringe Einkommenseinbußen durch Kürzungen beim neuen Umweltprogramm hinnehmen. Die Wirkungen der GAP-Reform auf die Schweinehaltungsbetriebe waren ebenso gering, die Veränderungen beim Gesamtdeckungsbeitrag resultierten aus den bekannten Preisschwankungen. Der Marktfruchtbetrieb mit Zuckerrübenanbau verzeichnete als Folge der Zuckermarktreform deutlich Einbußen beim Einkommen. Hält die Preisentwicklung, wie sie sich im Jahr 2007 präsentierte, längerfristig an, könnten diese Nachteile durch die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Mähdruschkulturen kompensiert werden. Gleiches gilt für Marktfruchtbetriebe ohne Zuckerrübenanbau, wobei hier schon bei moderateren Preisanstiegen (keine Auswirkungen durch die Reform der EU-Zuckermarktordnung) ein Ergebnis wie vor der Reform erzielbar ist.
Eine Umstellung des Betriebsprämienmodells auf das hier angewendete Regionalmodell verbessert nach den vorliegenden einzelbetrieblichen Berechnungen das Einkommen der Schweinehaltungsbetriebe, des Marktfruchtbetriebs ohne Zuckerrübenanbau sowie des Mutterkuhbetriebs mit guter Ausstattung an normalertragfähigem Grünland geringfügig. Generell lässt sich ableiten, dass Ackerbaubetriebe ohne Zuckerrübenanbau und Rinder haltende Betriebe mit guter Flächenausstattung und geringem Viehbesatz von einer einheitlichen Flächenprämie profitieren. Am stärksten würden spezialisierte Stiermastbetriebe verlieren, weil sich die in der Betriebsprämie erworbene Sonderprämie für männliche Rinder auf die gesamte Fläche einer Region verdünnt. Ähnlich ergeht es spezialisierten Milchviehbetrieben mit einer hohen Ausstattung an Milchquote auf der landwirtschaftlichen Fläche und Marktfruchtbetrieben mit einem hohen Anteil von Zuckerrüben an der Ackerfläche. Ein Regionalmodell mit gekoppelter Mutterkuhprämie würde die Prämienhöhe und somit die Wirtschaftlichkeit von Mutterkuhbetrieben im Vergleich zu einer vollständigen Entkoppelung deutlich verbessern. Die Wirkung der zusätzlichen Modulation hängt vom Prämienvolumen ab und hat auf kleinere Betriebe weniger Folgen, da davon auszugehen ist, dass auch bei einer Erhöhung der Modulation die Freigrenze von 5.000 € bestehen bleibt. Stärkere Kürzungen der Prämien hätten im Rahmen des Betriebsprämienmodells spezialisierte Stiermast- und Marktfruchtbetriebe zu erwarten. Die Aufhebung der Stilllegungsverpflichtung bietet Ackerbaubetrieben eine Möglichkeit, das Betriebsergebnis nicht unwesentlich zu verbessern. Die Wirkung hängt nicht zuletzt auch von der Entwicklung der Produktpreise für Marktfrüchte ab.