An die Leser.
»Diese Anleitung begreift keine blose Vorschläge, sondern lauter solche Regeln, welche durch vielfältige eigene und fremde Erfahrungen sind bewährt erfunden worden. Diese werden hier, ohne Rückhalt, aufrichtig und so vollständig mit allen Handgriffen und Cautelen beschrieben, daß ein jeder, der sie genau befolget wie sie da stehen, gewiß den Zweck erreicht.
Man sucht dabey nichts, als den Nuzen des Nebenmenschen. Daher sagt man nicht zu viel, wenn man diese Anleitung bewährt, ausführlich und getreu nennt. Wer ihr folgt, verbessert den Wein 1) auf eine gründliche Weise, so daß seine Fehler nicht blos durch eine Schmiererey verborgen, sondern gehoben werden und man von dem vorgeschriebenen Verfahren ächte Gründe angeben kan, die hier kürzlich angeführt werden, in der Abhandlung aber vom Weinbaue, die Anno 1766. zu Frankfurt und Leipzig herausgekommen, weiter ausgeführt und dort nachzulesen sind.
2) Die vorgeschriebene Weinverbesserung ist dauerhaft, so daß sie beständig bleibt und dem Wein an seiner Haltbarkeit nichts benimmt.
3) Sie ist sicher. Man erlangt, wenn man diesen Regeln genau folgt, gewiß seine Absicht, und stehet nicht in Gefahr wie durch andere Künsteleyen den Wein zu verderben.
4) Sie ist erlaubt. Man schadet dadurch der Gesundheit nicht, wie man hievon sich aus dem im IIIten Stücke der Beschreibung mechanischer Kunstwerke des Herrn Pfarrer Hahns stehenden so zuverläßigen Aussprüchen eines grosen Kenners und Arztes, des Herzogl. Würtembergischen Herrn Leib-Arztes Herrn D. Reussen, versichern kann, man betrügt auch dadurch den Käufer nicht. 5) Sie sind vortheilhaft. Nach Abzug der Kosten nimmt der verbesserte Wein in seinem wahren Werthe zu, daß ein merklicher Gewinn heraus kommt.
6) Sie ist endlich leicht. Daran werden manche zweifeln, denen es nicht ansteht, daß Gott nichts ohne Mühe und Arbeit in der Welt einem zukommen läßt, denen alles gleich voll Schwürigkeiten zu seyn scheint, was Sorgfalt, Fleiß und Aufmerksamkeit erfordert. Die Leichtigkeit ist ein Erziehungs-Begriff. Man stelle sich also nicht die im Nachdenken und Arbeiten ganz träge, die flüchtige Leute vor, sondern das Gegentheil von ihnen, das, wie man aus Ehrerbietung für die deutsche Welt hofft, doch noch in allen Ständen den größten Theil ausmachen wird. Von diesen glaubt man, es werde ihnen nicht schwehr seyn, das zu thun, was ganze auswärtige Länder thun. Der mittelmäsigste Kopf und Arm kann das befolgen, was in diesen Blättern steht; oder, soll es den Deutschen leichter seyn, französische Moden im Putz und Krankheiten an ihre Leiber zu nehmen, als ihre kluge Moden in Absicht auf die Weinverbesserung nachzuahmen?
Übrigens bittet man die Leser, daß sie nur im Kleinen anfänglich die Proben machen und sich dabey über alle Einreden mancher Kiefer und Weingärtner und Weinhändler hinaussezen. Die erste zween werden alles verwerfen, damit ihre Ehre nicht Noth leide und man nicht glaube, sie haben bishero nicht alles gewußt, das beste nicht gewußt und gesagt. Manche Weinhändler, die diese Regeln bisher im Verborgenen mit grosem Nuzen trieben, werden besorgen, ihr Gewerbe leide Noth, wenn andere auch wissen was sie wissen und üben: daher werden sie es für nützlich, nöthig und rathsam halten, diese Kunst zu verschreyen, und tausend Erfahrungen des Gegentheils vorlügen, um andere abzuschrecken; sie werden böse werden, daß man theils die beste Geheimnisse verrathen hat, theils durch diese Weinverbesserung, wenn sie in den Gang kommt, die Schmierereyen unbrauchbar gemacht hat. Diese finden hier manche für sie verhaßte und gefährliche Wahrheiten, die man aus deutscher Redlichkeit und Treue nicht hat verschweigen wollen.«