Die Herrscher aus dem Hause Luxemburg, die mehr als ein Jahrhundert lang an der Spitze der europäischen Politik aktiv gewesen waren, gehörten und gehören zu beliebten Themen der Historiografie. Größte Aufmerksamkeit zog stets der römische Kaiser und böhmische König Karl IV. auf sich. Von Karls Söhnen sind vor allem Wenzel IV. und Sigismund bekannt, weniger Aufmerksamkeit bei den Historikern fand stets Johann, der dritte Sohn, den auch die Öffentlichkeit nahezu vergessen hat. Dies ist allein schon dadurch zu verstehen, dass ihm nur eine kurze Lebenszeit bemessen war. Johann starb bereits wenige Monate vor seinem 26. Geburtstag, in der Nacht zum 1. März 1396.
Von seinem Vater erhielt er den Titel Herzog von Görlitz und ist dadurch als Johann von Görlitz in die Geschichte eingegangen. Auf der politischen Bühne begann er nach der Mitte der 1380er Jahre zu agieren. Während des folgenden Jahrzehnts war er politisch in seinen Herrschaftsgebieten aktiv, aber auch im Zentrum Böhmens an der Seite König Wenzels IV. Der kurzfristige Einfluss Johanns von Görlitz auf die Politik ist jedoch in Vergessenheit geraten, da sie in eine turbulente Zeit fiel, die von der Absetzung Wenzels IV. vom Reichsthron sowie von den stärker werdenden Reformationsbewegungen, die in die hussitische Revolution mündete, geprägt war. Auch für die Geschichte der Stadt Görlitz und ihres Umlands blieb Herzog Johann lange Zeit eher eine Episode und wurde gewissermaßen erst von den dortigen Historikern der Aufklärungszeit „neuentdeckt“.
Ziel dieser Publikation ist es, den dritten Sohn Karls IV. und sein Schicksal neu zu betrachten, seinen Lebensweg zu verfolgen und seine Rolle im politischen Spiel während der ersten zwei Jahrzehnte der Herrschaft Wenzels IV. und in der Geschichte der Nebenländer der Böhmischen Krone, an deren Verwaltung Johann beteiligt war, zu bestimmen. Der Fokus liegt auf der Ausgestaltung der Macht, auf dem Görlitzer Hof sowie auf seinem Auftreten am Prager Hof. Zugleich wird auf allgemeine Züge der Herrschaft Wenzels IV. sowie auf die Beziehungen zwischen den Söhnen und Neffen Karls IV. hingewiesen. Dabei sind wir von den Quellen jener Zeit ausgegangen und haben versucht, die Rezeption Johanns von Görlitz als Person sowohl in der „einheimischen“ Görlitzer und Oberlausitzer Historiografie festzuhalten, als auch in der böhmischen Historiografie, die auch der neueren Geschichtsschreibung als Quelle diente.
Die Übersicht zu den heute noch auffindbaren Schriftstücken Johanns bildet einen untrennbaren Bestandteil des Textes.
Aktualisiert: 2020-10-01
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