«In diesen Aufzeichnungen ist von einem Film die Rede, der fürs Kino hätte gedreht werden sollen. Es ist von einer Biografie die Rede, die eine Journalistin hätte schreiben wollen. Beides habe ich schliesslich abgesagt, wie so manches andere auch.»
Es blieben aber die hier erstmals veröffentlichten «Notizen», die die Schweizer Künstlerin 2005 für besagten Dokumentarfilm festgehalten hat – tagebuchartige Aufzeichnungen «über den Lauf der Zeit. Und über den Lauf meiner Zeit», so Manon. Angesichts der Genauigkeit der Formulierungen scheint die Bezeichnung «Notizen» aber untertrieben. Vordergründig als Tagebuch angelegt, entpuppt sich Federn als vielschichtiges Narrativ, das sich beim Lesen in einen kurzen, konzentrierten, aber dennoch federleichten Überblick über Manons Leben, Kunst, Männer und Alltag auffächert. In einer Mischung aus scheuer Zurückhaltung, Dezidiertheit und bisweilen trockenem Humor unternimmt die Künstlerin behutsam, aber doch selbstbewusst den Versuch, den Spagat zwischen ihrem Alltag und den hochstilisierten Selbstdarstellungen ihrer künstlerischen Karriere in Worte zu fassen. In "Federn" verweben sich Erinnerungen und Gegenwart mit dem vermeintlich Nebensächlichen. Im Gegensatz zu ihren inszenatorischen Arbeiten sind es nicht die grossen Gefühle, die die Künstlerin interessieren, sondern die kleinen Schwankungen des Gemüts, poetische Natur- und Stadtbeobachtungen, die Widrigkeiten des Herzens, Reflexionen über das Älterwerden und die Vergänglichkeit.
Aktualisiert: 2021-10-06
> findR *
Anne-Marie von Wolff (1893–1974) aus Luzern führte schon früh das Leben einer Aussenseiterin. Epileptische Anfälle als Kind, Tuberkulose und der Vorwurf, durch diese Erkrankung den Tod einer Nichte verursacht zu haben, drängten sie immer weiter aus dem sozialen Leben, machten sie aber möglicherweise auch zu jener aufmerksamen Beobachterin, die sie war. Ihre Kamera gab ihr einen Platz in der Welt und im Familiengefüge. Still und etwas streng soll sie gewesen sein, doch ihre Aufnahmen des Alltags in Luzern, der Sommerfrische in Les Mayens de Sion oder auf Schloss Mauensee beim Cousin, dem Journalisten und Schriftsteller Karl von Schumacher, zeugen von zärtlicher Zuwendung und überzeugen durch starke Kompositionen. Ihr künstlerisches Talent blieb zeitlebens unbeachtet. Das änderte sich, als die Urgrossnichte, Mimi von Moos zufällig bei ihrem Grossvater in einer Bananenschachtel einige ihrer Fotos entdeckte. Bis heute trug sie um die 1500 Schwarzweissaufnahmen aus den 30er- bis 50er-Jahren zusammen.
Mimi von Moos’ literarische Texte reflektieren und erzählen aus heutiger Sicht über die Betrachtung dieser Fotografien und ihrer Zeit und sie versuchen ein Bild der beinah unsichtbaren Fotografin zu zeichnen. Die Verwandte ist eine Auseinandersetzung mit den vielen Aspekten des Fotografischen anhand eines aussergewöhnlichen Fundes. Transkribierte Statements aus Gesprächen mit Familienangehörigen und ein Essay der Künstlerin und Sprachphilosophin Tine Melzer begleiten diese kritische Beschäftigung. Sie führen tiefer in die leuchtende Bilderwelt jener Verwandten, die sich immer ein wenig abseits im Schatten aufgehalten hat.
Aktualisiert: 2023-04-26
> findR *
Mit Serien von Zeichnungen und grösseren Werkgruppen von Gemälden beginnt Anfang der 1980er-Jahre Alex Hanimanns Werk. Zwischen existenzieller Chiffre und anonymen Zeichen, Vorstellung und Realität entwickelt sich ab 1992 auch die Arbeit mit der Sprache zu einem eigenständigen Strang des Schaffensprozesses. Wandfüllende Schriftarbeiten oder überblendete Texte als Diaprojektion behandeln die sprachlichen Konventionen ähnlich zu dem gefundenen Bildmaterial. Neuordnung durch Aushebelung des konventionellen Kontexts und Überlagerung dienen der Unterminierung der Sprachlogik analog zur Auflösung des originalen Bildzusammenhangs in der Arbeit mit found material.
Der Werkkatalog Etwas fehlt dokumentiert die fotografischen Recherchen der vergangenen zwölf Jahre. Aus dem Archiv wird eine Auswahl zwischen zweieinhalb- und dreieinhalbtausend Bilder publiziert. In einer chronologischen aber sprunghaften Reihung werden die Bilder aus den inhaltlichen Zusammenhängen herausgelöst und in neue Kontexte gesetzt. Das speziell für die Publikation entwickelte Layout produziert nicht eine sture Reihung oder Auflistung der Bilder – es generiert durch eine flexible Struktur spannungsvolle Seiten, die in zufälligen Intervallen mit Leerstellen durchsetzt sind.
Begleitet werden die Fotografien in Mosaik-Layout durch ein Interview von Hans Ulrich Obrist und Alex Hanimann. Im weiteren werden zu einzelnen Themen wie Bildinhalt, Bedeutungszusammenhang, Blick- und Sichtweisen von Lorenzo Benedetti, Ludwig Seifert, Hans Ruedi Reust und Gerhard Mack einzelne kürzere Texte verfasst.
Aktualisiert: 2021-10-06
> findR *
Walter Keller gründete 1978 Der Alltag – Sensationen des Gewöhnlichen, 1984 mit Bice Curiger, Jacqueline Burckhardt und Peter Blum zusammen die Kunstzeitschrift Parkett, 1991 den Fotobuchverlag Scalo – Books and Looks, 1993 dann die Gründung des Fotomuseum Winterthur. Ein eindrückliches Palmarès. Aber dürftig verglichen mit der überbordenden Kreativität, Neugier, Inspiration und Energie, mit der Walter Keller fast 40 Jahre lang Freunde, Feinde, Journalisten, Galeristen, Ausstellungsmacher, Fotografen, Publizisten, Grafiker und Sammler irritierte, faszinierte, motivierte und mit seinem Insistieren
zur Verzweiflung trieb.
In der Nacht auf den 1. November 2014 verstarb Walter Keller völlig überraschend; mitten in den Vorbereitungen zu Ausstellungen über Dürrenmatt und den Kalten Krieg, über zeitgenössische chinesische Fotografie und tausend weiteren Ideen.
Walter Keller war Verleger, Motivator, Blattmacher, Coach und Netzwerker, aber vor allem ein hinreissender Freund und mitreissender Weggenosse. Das Buch will nicht beleuchten und erklären, was er gemacht hat, sondern wie er sein Umfeld grundsätzlich zu Exponaten seiner Weltausstellung machte und warum. Herausgegeben, begleitet, kuratiert, verfasst, produziert wird es von Menschen, deren Leben Walter verändert und bereichert hat. Das Buch wird keine Chronologie von Walter Kellers Schaffen sein, sondern ein impressionistisches wie selektiv-subjektives Sammelsurium seiner ungezähmten Originalität.
Aktualisiert: 2021-10-06
> findR *
Hodel / Schmumacher / Clavadetscher waren ein Künstlertrio, das von 1991 bis bis zum Tod von Martin Hodel 1995 bestand. Martin Hodel und Eric Schumacher studierten und lebten in dieser Zeit in Wien, Andrea Clavadetscher in Zürich. Ausstellungen und Projekte wurden gemeinsam vor Ort konzipiert, Zeichnungen zwischen den Städten und Orten ihrer Reisen hin und her geschickt. Hodel / Schumacher / Clavadetscher benutzten unterschiedlichste Materialien und Medien und öffneten ihre Kunst hin zu Subkul- turphänomenen, insbesondere Techno.
Luftbad zeigt ihre Arbeiten auf Papier, einen wesentlichen Aspekt ihres gemeinsamen Schaffens. Sie schickten sich per Post Bilder zu, die sie immer wieder neu übermalten und ergänzten, bis sie zu Ende geschichtet waren. Jedes Blatt ist eine dichte Bilderzählung, ein sinnlicher Zeichenwald, zusammen fügen sie sich zu einem Bildkosmos, in dem sich Einflüsse aus Kunstgeschichte und Popkultur, Mythos und Comic ebenso unauflöslich amalgamieren wie die künstlerischen Handschriften der drei. Das Buch ist ein üppig wucherndes visuelles Labyrinth, das den Betrachter einlädt, einzutauchen und sich lustvoll zu verlieren.
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Abstrakte Hühner auf Orange, ein strahlend naiver Fisch gegenüber einem Reisszahn-Ungetüm, Blumenstillleben, Karikaturen. Öl auf Leinwand, Öl auf Pavatex, Gouache, Bleistift, kolorierter Druck. Max von Moos, Ludwig Weninger, Lucien Mainssieux, Rudolf Muchow, Josef Maria Schröder. Und dazwischen zwei Micky- Mäuse mit nackten Männeroberkörpern, Schilder um den Hals, die fragen ‚Where will you spend eternity?“. Eine Antwort auf diese Frage von Chantal Barras’ Bild kann ich nicht geben. Zu sehr ist meine Fantasie ganz im Hier und Jetzt des Lebens verankert. Und Teil dieses Lebens ist die Kunstsammlung.
Mir ist das Bilder-um-mich-Haben so ganz selbstver- ständlich und notwendig wie einem Schriftsteller seine Bibliothek. Das Sammeln beginnt im Kopf. Was sich ein kleines Kind in den ersten Lebensjahren alles in den Kopf hereinholt, versammelt und vernetzt, ist an Quanti- tät, Vielfalt und Komplexität kaum zu ermessen. Das Wesentliche spielt sich im Kopf ab, die Sammlung be- ginnt dort.
Grosse Teile meiner Sammlung und viele meiner eigenen Werke hängen in immer wieder wechselnden Bildordnungen an den vielen Wänden, die mir zur Verfügung stehen. Ohne Systematik und ohne uns vertraute Ordnungskriterien eröffnet sich vielleicht ein vorurteilsfreierer Blick auf Werke und Künstler. Und diesen Blick transportieren auch die Bildordnungen in diesem Buch. In wechselnden, intuitiven Zusammen- stellungen sprengen sie den Vollständigkeits- und Kate- gorisierungszwang herkömmlicher Sammlungstätigkeit.
– Christoph Kappeler
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Janina Audicks Bühnenbilder sind nicht Schauplatz, sondern Teil der Performance. Schauspieler bewegen sich nicht nur in, sondern mit der Szenerie: Akteure werden Bilder, Bilder werden Akteure. Janina Audick arbeitet eng mit Worten, Stimmungen und Gefühlen. Ihre Bühnenbilder sind subtil und aufdringlich, laut und zurückhaltend, unbequem und beruhigend. Sie findet Inspiration in Gedanken von Theoretikerinnen wie Hannah Arendt, Donna Haraway und Judith Butler. Der Druck der Gesellschaft und die Ungleichheit der Machtverhältnisse beschäftigen Janina Audick und finden Platz in ihren Umsetzungen, jeweils ungewöhnlich, humorvoll, politisch, provokativ und jenseits des Mainstreams.
Janina Audick öffnet Räume, wo sonst keine sind, grenzt sie ein und baut sie aus. Die Publikation TALENT beschäftigt sich mit Audicks reichem Schaffen, es ist eine Werkschau und geht darüber hinaus. Auf intime Art und Weise werden Entwürfe und Ausführungen in Kombination vorgestellt. Entwicklungen werden erklärt, Gedanken und Prozessarbeiten sichtbar gemacht.
Mit dem Durchblättern der Publikation fühlt man sich mitten in den Umsetzungen und ihre Kunst wird greifbar. Ein Pop-Up Bühnenbild in der Buchmitte ver- anschaulicht die Räumlichkeit von Janina Audicks Werk.
Die Fülle an Visuellem wird unterstützt durch Texte der Künstlerin sowie von Helene Hegemann (Autorin, Regisseurin), Valery Tscheplonowa (Schauspielerin), Andreas Beck (Intendant, Dramaturg), Eberhard Bothe (Technischer Direktor), Verena Dengler (Künstlerin, Autorin), Karin Nissen-Rizvani (Autorin), Constanze Ruhm (Filmprofessorin), René Pollesch (Regisseur) u. a. und Interviews mit Sybille Berg (Autorin) und Sacha Benedetti (Medienaktivist) als Adriano Celentano.
Aktualisiert: 2020-02-21
Autor:
Janina Audick,
Voxi Bärenklau,
Andreas Beck,
Sacha Benedetti,
Sybille Berg,
Eberhard Bothe,
Verena Dengler,
Meika Dresenkamp,
Sachicko Hara,
Helene Hegemann,
Max Linz,
Karin Nissen-Rizvani,
René Pollesch,
Constanze Ruhm,
Valery Tscheplanowa,
Tatjana Turanskyj,
Martin Wuttke
> findR *
Jeder hat diese Bilder schon gesehen in der schweize- rischen Presse: Eine Person steht am Bildrand und zeigt auf etwas – ein Fenster, eine Wiese, einen roten Mitsubishi, ein Einschußloch. Die Miene ist auffordernd, anklagend, empört, selbstgerecht oder auch stolz, gar freudig. Die Bildlegende deckt dann auf, worum es geht. Ein Mann zeigt auf das Fenster, aus dem ein schwerhöriger Rentner mit dem Sturmgewehr geschos- sen hat. Ein Arbeitsloser zeigt auf den Fluss, aus dem er eine Frau gerettet hat. Oder der Hausabwart der Primarschule der frisch gewählten Bundesrätin Doris Leuthard kann sich noch genau erinnern, an welchem Haken ihr Finkensäckli hing. Die Geste des Zeigens lenkt die Aufmerksamkeit, stellt einen Zusammenhang, eine Chronologie her. Mit einfachen, aber sehr wirksa- men Mitteln entsteht eine Geschichte.
Beatrice Minger hat 124 Zeigebilder und ihre Legenden aus der Boulevard- und Lokalpresse zusam- mengetragen und zu einem kaleidoskopischen Portrait der Schweiz montiert. Die Bildsammlung erzählt Geschichten über unser Zusammenleben. Geschichten, die unser Land im Innersten bewegen. Ein Panorama von kleinen und grossen Katastrophen, unerhörten Ereignissen, sagenhaften Funden, tragischen Zufällen und gewissenhaften Aufklärungen.
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Wie es der Herangehensweise des Schweizer Fotografen Lukas Wassmann (*1980) entspricht, verschränkt sich im Bildband ZÄH Banales mit Bedeutsamem. Wassmanns Bilder mäandern zwischen intimem Schnappschuss, Selbstporträt, gestalteter Natur, Bauten und Menschen, selbst geschaffenen Möbeln und kommerzieller Mode- oder Dokumentationsfotografie. Vielleicht spricht daraus die Erkenntnis, dass sich die "Dinge des Lebens“ eben oft auf Nebenschauplätzen abspielen. Hier geht es um das Dazwischen, nicht um Wassmanns money shots. ZÄH versammelt zwischen 2000 und 2018 entstandene Fotografien, die weder einer zeitlichen noch einer thematischen Ordnung folgen. Vielmehr entspinnen sich aus assoziativen Bildabfolgen immer wieder lose Narrative, um abzubrechen und vielleicht irgendwo den Faden wieder aufzunehmen. Charaktere tauchen auf und verschwinden wieder, Choreografien von Formen lösen farbliche Analogien ab. Was zurück bleibt, sind gar nicht einmal konkrete Dinge, sondern eher atmosphärische Spuren, eine Bildsprache der Erinnerung, Momente aus dem Strom des Bewusstseins eines Autors mit einem höchst eigenwilligen fotografischen Blick.
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Der Zürcher Fotograf Niklaus Stauss ist in seiner langen und außergewöhnlichen Karriere schon immer an Kulturellem interessiert gewesen: Im Verlauf von mehr als sechzig Berufsjahren hat er über 50’000 Persönlichkeiten aus Kunst, Musik, Theater, Oper, Literatur, Film und Tanz fotografiert. Er war in der Garderobe von Louis Armstrong, fotografierte die Bardot von seiner Luftmatratze aus und begleitete Schweizer Kulturgrössen wie etwa Niklaus Meienberg, Harald Szeemann oder Daniel Schmid über viele Jahre hinweg. Dabei ist er kein Paparazzo, er fotografiert einfach die Menschen an dem Ort, an dem er sich selbst gerade aufhält. Auch wenn diese (noch) gar nicht berühmt sind, sind für ihn alle Akteure interessant, weil in ihnen etwas stecken könnte, das erst künftig zutage tritt. So finden sich denn in dieser Werkschau häufig Bilder aus den Anfängen grosser Karrieren und Ereignisse. Dass zahlreiche Porträtierte später tatsächlich berühmt wurden, zeigt Stauss‘ feines Gespür für ihr Potential. Das Buch liefert einen Überblick über das Schaffen des Fotografen, aber es ist auch eine sehr persönliche Dokumentation der Schweizer und europäischen Kulturszene der letzten sechzig Jahre. Nicht zuletzt ist das Buch eine Hommage an den Vater zum runden Geburtstag, herausgegeben von seiner Tocher Barbara Stauss.
Aktualisiert: 2021-10-06
> findR *
Schwiizertüütsch, Deutsch und Englisch sprechen die Texte von Liebe, Sehnsucht, Schicksal, dem Agglo-Bahnhof in Wädenswil und Teenage Angst. Der Hund vor dem Coop wird zum Sinnbild des Verlassenen, mittels Annonce wird die Traumfrau gesucht. Mit Schalk und Wortwitz wird gelitten, geworben, geschmachtet und angezweifelt. Für seine Performances benutzt Jurczok 1001 auch nach all den Jahren noch immer Textblätter. In "Spoken Beats" werden die verwendeten Blätter faksimiliert und versammeln eine grosse Auswahl an Texten – von frühen Rap Lyrics bis hin zu solchen, die sich an der konkreten Poesie orientieren. Hier wie dort erzeugen Wiederholungen Bedeutung und Humor. Sprechmuster werden freigelegt, politische Stimmungsmache karikiert. Die Sprache wird zum Spiel, nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Text selbst. Die Blätter tragen alle Spuren ihres Gebrauchs, lassen den Auftritt erkennen: Streichungen, Notizen, Vortragsweise, Tempobezeichnungen und Intonation sind mitzulesen und machen die Performance geradezu erlebbar. Sie sind Vorlage und Dokument. Hieroglyphen und Kritzeleien geben dem Text über die Sprache hinaus Gestalt. "Spoken Beats" ist ganz bewusst Buchtitel und Name des Bühnenformats von Jurczok 1001. Er schreibt seine Lyrics nicht als druckfertige Poesie, er schreibt sie als Bühnentexte. Erst durch die Darbietung werden sie lebendig. Und so geht die Suche nach neuen Impulsen auch ständig weiter. Jurczok 1001 wird die Textblätter weiterhin in die Jackentasche stecken und vor dem Mikrofon halten, sei es nur, um dem Zuschauer die Illusion des Ablesens zu geben.
Aktualisiert: 2020-11-16
> findR *
1976 begann das Kriminalkommissariat III, die Staatsschutz- Abteilung der Stadtpolizei Zürich, eine Kartei „Schmieren / Kleben‘ anzulegen. Darin wurden politische Parolen, Farbmalereien, gesprayte Sprüche oder illegale Kunstaktionen, unter anderem von Harald Naegeli, erfasst, die alle den Tatbestand der Sachbeschädigung erfüllten. Die Polizisten im Einsatz fotografierten die „Schmierereien“ und hielten die Taten auf Karteikarten fest. In der Kartei finden sich gegen 2000 Schwarz-Weiss-Fotos aus den Jahren 1976 bis 1981 und die dazugehörigen Karten; weitergeführt wurde sie noch bis 1989. Dann wurde das KK III im Zuge der Fichenaffäre und der Überprüfung durch eine parlamentarische Untersuchungskommission aufgelöst. Schmieren / Kleben zeigt 700 dieser Fotos und sämtliche Karteikarten. Ein Glossar erklärt die Zusammenhänge von Parolen, Symbolen und Personen. Es ist ein einmaliges Dokument der Stadt Zürich jener Jahre, von politischen Strömungen wie der Frauen- oder Antiatombewegung angefangen, über die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus, internationalen Konflikten bis hin zu Subkulturen und Aktionen im öffentlichen Raum. Zudem lässt sich verfolgen, wie sich die Spannung zwischen der Stadt und ihren Jugendlichen aufbaute und schliesslich 1980 im Opernhaus-Krawall und den darauffolgenden Jugendunruhen entlud, die Zürich nachhaltig verändert haben.
Aktualisiert: 2020-05-08
> findR *
Kleider aus Mauerwerk, Schminkpinsel-Füsse, Hundeoder Vogelköpfe, monströse Augen und Hände, Doughnut-Lippen, Schwimmflossen und Accessoires aus Tanklastern oder Muffins. Klaudia Schifferle schuf ihre Paperdolls aus Material, das sie aus Journalen und Illustrierten ausschnitt und auf DIN-A4-Bögen neu zusammenfügte. Farbig sind die Collagen und frech; manchmal niedlich, häufig maliziös. Entstanden zwischen 2011 und 2016 wurden einige der Bilder auch detailgenau in Öl abgemalt.
Durch das Kreieren der Figuren aus gefundenen Bildelementen bekommen die Paperdolls gleich einen doppelten Wert. Sie erzählen von unserer Zeit mit ihren Dingen und öffnen gleichzeitig unsere Wahrnehmung, erinnern Gefühle und Augenblicke. Anziehpuppen aus Papier gab es schon in altchinesischen Begräbnisriten und als katashiro-Figuren in japanischen Heilritualen. In Europa avancierten die Papierfiguren zum Ausschneiden für modeinteressierte Damen der Bourgeoisie zu einem
beliebten und preiswerten Zeitvertreib für Kinder und in den USA nach der Great Depression erlebten die Paper Dolls ihr goldenes Zeitalter. Als aussagekräftige Zeugen für Zeitgeschehen und Lebenswirklichkeit sind sie für zeitgenössische Kunstschaffende ein wichtiges Ausdrucksmittel geworden. Der starke Realitätsbezug der Paperdolls spiegelt sich auch in der Collage-Technik, die eng mit der Entstehung der künstlerischen Moderne verknüpft ist. Klaudia Schifferles Paperdolls sind Ausschnitte kleiner Teile der Gegenwart, im Vorübergehen verdichtet und in neuer Zusammensetzung in Erinnerung geblieben.
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Bob Steffen war der schillernde Star unter den Schaufensterdekorateuren im miefigen Bern der Nachkriegszeit. Seine überbordenden Environments für Pelz, Stoff und Lingerie waren ebenso Stadtgespräch wie der schwule bon vivant, Weltenbummler und Nonkonformist selbst. Aus einfachsten Verhältnissen stammend schlief er sich als Edelstricher/Nacktmodell empor in den Jetset der schwulen beau monde und mauserte sich zum erfolgreichen Dekorationsgestalter, der bis ins hohe Alter im Zentrum der Berner Bohème stand. Flamboyant und schamlos promisk lebte er nach seinen eigenen Regeln und scherte sich einen Deut um die Normen der bürgerlichen Gesellschaft, genau so wie er sich als Schaufenstergestalter um das Richtmass des «guten Geschmacks» foutierte.
Bob Steffen hinterliess einen reichen Nachlass an Bildern, in den Art Décor eintaucht, um kaleidoskopisch Facetten seines Lebens aufzuzeigen. Es lässt die vergessene Kunst der Schaufensterdekoration wieder lebendig werden, schwelgt in der Welt der Künstlermaskenbälle der 1950er- und 1960er-Jahre, folgt Bob auf seinen Reisen durch die Welt. Die Portraits des geborenen Poseurs werden zum Ausgangspunkt von Reflektionen über die Wesen der Pose, seine Affäre mit einem schwarzen amerikanischen Balletttänzer führt zur bemerkenswerten Geschichte afroamerikanischer Tanzkompagnien in Europa vor und nach dem 2. Weltkrieg. Interviews und Collagen von Gesprächsausschnitten zeichnen Steffens Leben nach. Art Décor ist ein Potpourri so üppig wie Steffens Schaufenster.
Aktualisiert: 2021-10-06
> findR *
Appetite for the Magnificent ist eine fotografisch-essayistische Studie über die Geschichte und Gegenwart des Aquariums.
David und Tania Willen fokussieren in ihren Fotografien auf die ästhetische, bildhafte Dimension heutiger Aquarien. Die Motive entstammen Schweizer Zoos und der Schweizer High-End-Aquarien-Szene, mithin öffentlichen und privaten Laboratorien, in denen sich Menschen als «Aqua Scaper», als Designer mineralisch-vegetabil-animalischer Kabinette, betätigen. Diese Kabinette stehen, wie Bilder als solche, im Spannungsfeld zwischen Realität und Virtualität, Präsenz und Absenz, Belebtem und Unbelebtem. Der Fisch, der im Aquarium seine Bahnen zieht, mag als lebendiges Wesen präsent sein – man erlebt ihn durch die Scheiben gleichwohl als Bild eines Fisches. Dass die Fische in den strikt auf die Frontseite konzentrierten Fotografien von David und Tania Willen förmlich in der Luft zu hängen scheinen, unterstreicht den virtuellen Charakter des Aquariums: Es ist nichts weniger als eine Vorform des Fernsehens.
Jörg Scheller zeigt in seinem Essay am Beispiel des Mitbegründers und Popularisierers der Aquaristik Philip Henry Gosse (1810–1888), wie das Aquarium als Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft und Religion entstand. Gosse war kunstsinniger Illustrator, autodidaktischer Naturforscher und tiefgläubiger Freikirchler. In seiner Biographie zeichnen sich die wesentlichen Merkmale des Aquariums ab: Die Ästhetisierung und Verkunstung der Natur, die systematische Beobachtung und Erforschung von Meereslebewesen sowie die Orientierung am 1. Buch Mose, wo es heisst, der Mensch solle „über die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen“ herrschen.
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Die Weststrasse in Zürich: einst eine zentrale Transit-Achse, heute eine Quartierstrasse mit Tempo 30. Während mehr als 30 Jahren wurde der gesamte Nord-Süd-Verkehr quer durch die Stadt Zürich gelenkt – vorwiegend durch die schmale Weststrasse im Kreis 3. Mit der Eröffnung der Westumfahrung 2009 wurde das Quartier vom Durchgangsverkehr befreit. Die Weststrasse entledigte sich ihres Übernamens 'Auspuff der Nation' und existiert fortan als Begegnungszone, wo geradelt und spaziert wird. Die Zürcher Fotografin Corina Flühmann hat diesen Wandlungsprozess seit 2007 dokumentiert. "Weststrasse" ist weder eine nüchterne fotografische Langzeitdokumentation noch ein bunter Street-Bildband. Vielmehr handelt es sich bei diesem Künstlerbuch um eine präzise Schilderung von Zürcher Soziodemografie. Porträtiert sind Männer, Frauen, Kinder, Junge und Alte, Schweizer und Personen ausländischer Herkunft – in ihrem jeweiligen Wohn- und Arbeitsumfeld im Quartier. Die renovierten Häuserfassaden haben die alten abgelöst, die Mieterstruktur hat sich verändert – vor allem dies verdeutlicht, wie rasch sich der Gentrifizierungsprozess durchgesetzt hat. Was unverändert blieb und das Strassenbild nach wie vor prägt: die jüdisch-orthodoxe Gemeinde und ihre Synagoge an der Ecke Weststrasse / Erikastrasse. In "Weststrasse" wird auch textlich über dieses prägende Stück Zürcher Geschichte berichtet. Die unter anderem mit dem Schweizer Buchpreis gekürte Schriftstellerin Melinda Nadj Abonji beschreibt in einem Essay, wie sie die Weststrasse in den Neunzigerjahren erlebte, als sie dort in einer WG wohnte. Roman- und Drehbuchautor Charles Lewinsky erzählt, wie er in den Fünfzigerjahren als Bub durch den Kreis 3 streifte, um an der Weststrasse Fussball zu spielen. Mit dem aktuellen städtebaulichen Aspekt setzt sich schliesslich der Journalist und Architekt Caspar Schärer auseinander.
Aktualisiert: 2020-02-24
> findR *
2008 begann der Schweizer Künstler Thomas Krempke täglich zu fotografieren. Er druckt diese Bilder aus und klebt sie in Hefte, setzt sie zueinander in Beziehung und schreibt dazu. So entsteht ein Protokoll seiner Wahrnehmung, ein fotografisches Tagebuch, eine Kartografie seines Sehens. Er fotografiert dort, wo er ist, das, was er antrifft. Er nimmt nichts weg, fügt nichts hinzu, auch kein Licht. Auf Krempkes Bildern sind keine aussergewöhnlichen Ereignisse zu sehen, keine Kriege, keine Armut und keine exotischen Landschaften, sondern das, was man Alltag nennt. Doch das Fotografieren verändert diesen Alltag – die Welt ist nicht mehr dieselbe, der Blick führt immer mehr hinter die Erscheinungen des täglichen Lebens, und es entwickelt sich eine fast mikroskopische Entdeckungsreise durch bislang Ungesehenes und Unentdecktes. Der Alltag zeigt sich in neuer Würde und Poesie, die Wichtigkeiten und Grössenverhältnisse verschieben sich. Der medialen Bilderflut stellt Krempke seine eigene entgegen und schafft sich so eine Art Parallelwelt, eine verschlüsselte Version seines Lebens – wie in der Erinnerung, wie im Traum. Ähnlich wie beim Aufwachen, wenn die Wahrnehmung noch zwischen den inneren Bildern der Nacht und jenen des Tages oszilliert, fotografiert er in einem Zustand des wachen Träumens, einer somnambulen Klarsichtigkeit – intuitiv seinen Impulsen folgend, absichtslos. Mit der Montage der Bilder und der Texte erforscht er seine alltägliche Wahrnehmung, sein Schauen, sein Fotografieren und schliesslich die Entstehung seines Weltbildes.
Aktualisiert: 2020-02-21
> findR *
Teresa Chen, Tochter eingebürgerter Amerikaner chinesischer Abstammung, beschäftigt sich immer wieder mit privaten Fotografien aus dem Umfeld ihrer Familie. In diesem Buch lernen wir die obsessiv betriebene Freizeitbeschäftigung ihrer bemerkenswerten Eltern kennen. Seit dem Ruhestand gilt ihr ganzes Interesse dem Polkatanzen an Festen und Turnieren. Diese Leidenschaft von Ma und Pa Chen wurde nur vom Interesse übertroffen, das Ganze fotografisch zu dokumentieren.
Teresa Chen hat das Fotomaterial ihrer Eltern, Zeitungsausschnitte und Festprogramme neu arrangiert. «Ich zeige den Mix aus Tradition und Vorstellungskraft, aus Heimweh und fixen Ideen, der ihre Passion befeuert. Und nicht zuletzt auch die Absurdität dieser ganzen Unternehmung.»
Aktualisiert: 2020-02-24
> findR *
A Shot Away Some Flowers ist der zweite Teil einer zweibändigen Edition mit Arbeiten von Stefan Banz. Er beschäftigt sich auch in seinen Videos – sein Werk umfasst mittlerweile an die 150 Bände – seit Jahren mit seinem vermeintlich unspektakulären Familienleben, mit den Geschehnissen in seiner nächsten Umgebung. Protagonisten seiner Tapes sind oft seine beiden Kinder, er selbst oder auch ein rabiater Nachbar. Schauplätze sind das Kinderzimmer oder das Treppenhaus der eigenen Wohnung, der eigene Garten, ein nahes Wäldchen, der vertraute See. Aber in der Optik der Videostill-Sequenzen wird das Eigene fremdartig und rückt das Fremde näher. Banz konstruiert nach eigener Aussage Bilder «jener Augenblicke, in denen sich Zufall und Scharfsicht verbinden und das verborgene Mysterium der Wirklichkeit in seiner seltsamen Vieldeutigkeit sichtbar wird». Hinter der Idylle des familiären Gartens, so könnte man diese Bilder mit ihrem höchst eigenen voyeuristisch-privatistischen Gestus lesen, lauert ein Abgrund, nimmt das Unfassbare seinen Lauf.
Aktualisiert: 2022-05-10
> findR *
Bruno Steiger, der Sprachartist, der Architekt einer kunstvoll verstellten, verrätselten Prosa, überrascht in Der Billardtisch mit einem Erzähltext von gleichsam familiärer Nähe und Realitätsbezogenheit. Die Ich-Figur erzählt mit surreal erheiternder Detailbesessenheit von ihrem unmöglich zu bewältigenden Leben in den Mehrfachrollen als künstlerisch ambitionierter Journalist, Vater und Ehemann in einer Einkind-Kleinfamilie in einem kleinen Reihenhaus in einem klar erkennbar gemachten Wohnquartier von Zürich. Im Zentrum der Einkind-Familie steht natürlich das Kind, Leo, der zu Beginn der Erzählung dreijährige Sohn, welcher den übermässig liebenden Vater mit seinen Wünschen in den – fast normalen – kleinfamiliären Wahnsinn treibt. Das Verhängnis in Der Billardtisch ist realistisch, trivial und grotesk, nicht etwa tragisch.
Aktualisiert: 2022-05-10
> findR *
MEHR ANZEIGEN
Oben: Publikationen von Edition Frey
Informationen über buch-findr.de: Sie sind auf der Suche nach frischen Ideen, innovativen Arbeitsmaterialien,
Informationen zu Musik und Medien oder spannenden Krimis? Vielleicht finden Sie bei Edition Frey was Sei suchen.
Neben praxiserprobten Unterrichtsmaterialien und Arbeitsblättern finden Sie in unserem Verlags-Verzeichnis zahlreiche Ratgeber
und Romane von vielen Verlagen. Bücher machen Spaß, fördern die Fantasie, sind lehrreich oder vermitteln Wissen. Edition Frey hat vielleicht das passende Buch für Sie.
Weitere Verlage neben Edition Frey
Im Weiteren finden Sie Publikationen auf band-findr-de auch von folgenden Verlagen und Editionen:
Qualität bei Verlagen wie zum Beispiel bei Edition Frey
Wie die oben genannten Verlage legt auch Edition Frey besonderes Augenmerk auf die
inhaltliche Qualität der Veröffentlichungen.
Für die Nutzer von buch-findr.de:
Sie sind Leseratte oder Erstleser? Benötigen ein Sprachbuch oder möchten die Gedanken bei einem Roman schweifen lassen?
Sie sind musikinteressiert oder suchen ein Kinderbuch? Viele Verlage mit ihren breit aufgestellten Sortimenten bieten für alle Lese- und Hör-Gelegenheiten das richtige Werk. Sie finden neben